Aug. 212017
 

314. Reisetag

7447 km

 

Meinen neuer Fahrrhythmus gegen die Hitze habe ich gefunden: Möglichst früh ankommen. Mit dem nächtlichen Aufstehen muss ich kämpfen. Sitze ich dann auf dem Rad wird das Leben einfach. Einen weiteren Vorteil der Nachtfahrt habe ich festgestellt. In der Dunkelheit ist es windstill. Erst mit der aufkommenden Hitze fängt er an zu blasen. Und bei jedem neuen Aufbruch erlebe ich den Zauber der Morgenstunden.

Östlich von Pine Creek erstreckt sich der riesige Kakadu-Nationalpark. Mit seiner abwechslungsreichen Landschaft, der Tier- und Pflanzenwelt und umfangreichen Felsmalereien gilt der Park als einer der schönsten Australiens. Er ist Jahrtausende altes Gebiet der Aborigines.
Die kulturelle und ökologische Bedeutung verliehen ihm das Siegel des UNESCO-Weltnaturerbe. Ihn durchfahre ich in den nächsten Tagen.

Die erste Nacht verbringe ich am Rande des Parks in der Cabin eines „Roadhouse“. Diese Roadhouses sind Versorgungsstationen in einsamen Gegenden mit Tankstelle, Restaurant, Bar, Kiosk und Campingplatz. Für mich ist die Wasserversorgung das Wichtigste. Mein nächster Campingplatz hat außer einem Plumpsklo nichts zu bieten. Mit 10 Liter Wasser im Gepäck verlasse ich am nächsten Morgen diesen Ort. Mein Ziel liegt am Rande eines Kliffs in einer Schlucht mit Wasserfall und Badeteich. Schwierig wird die Fahrt auf den letzten 15 Kilometern. Grobe Wellblechpiste und Sand zwingen mich streckenweise zum Schieben. Trotz extrem schlechter Straße, an schönen Flecken bin ich im Park nie alleine. Hinzu kommt, Trockenzeit ist Hochsaison.

Der etwas abseits gelegene Campingplatz ist am Nachmittag fast leer. Ich baue das Zelt auf und suche mir zum Sitzen einen Schattenplatz. Störend sind die vielen Fliegen. Mit Mückenspray lassen sie sich nicht vertreiben. Die vermeintliche Ruhe auf dem Platz verschwindet nach Einbruch der Dunkelheit. Autos treffen ein, bauen im Scheinwerferlicht ihr Zelt auf und die Menschen palavern bis spät in die Nacht – fast neuseeländische Verhältnisse.

Den holprigen Abschnitt bis zur Hauptstraße meistere ich in der frühmorgendlichen Dunkelheit besser als auf der Hinfahrt. Danach gehts „easy“ weiter zu den Yellow Waters, einem Wetland am South Alligator River mit bester touristischer Infrastruktur: Luxusunterkünfte, Zeltplatz, Pool und Restaurant. Und fast jeder Besucher unternimmt eine Bootsfahrt durch die Billabongs – den Todwasserarmen, die sich nach dem Ablauf des Wassers der Regenzeit in den Senken gebildet haben. Ich wähle eine Tour in der Morgendämmerung. Organisierte Ausflüge mag ich zwar nicht, individuell lässt sich das Wetland ansonsten nur mit einem Privatboot erkunden. Zu sehen gibt es auch vom Ausflugsboot viel: Aufsteigender Frühnebel, Sonnenaufgang und eine Unzahl von Vögel im Sumpfland, Salzwasser-Krokodile im Schlamm liegend und schwimmend. Lotuspflanzen säumen den Gewässerrand. Es hat sich gelohnt!

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