Jun 142017
 

245. Reisetag

5548 km

 

Weniger als 20 Höhenmeter Gefälle trennen ihn vom Meeresspiegel und gut 500 Kilometer liegen noch vor ihm. Träge geworden ist der Murray. Er wirkt wie ein langer ruhiger See.

Auch ich bewege mich nur langsam voran, lasse das kommende lange Juniwochenende an mir vorüber ziehen.
Am Montag wird der Geburtstag der Queen gefeiert. Nicht dass sie an diesem Tag Geburtstag hätte, der ist am 12. April. Aprilwetter ist in England nicht das Beste, ein volksfreundlicher Feiertag sollte es aber sein. Deshalb kreierte man den „Offiziellen“ Geburtstag der Queen an einem Montag im Juni und dieser wird im ehemaligen Commonwealth gefeiert.
Kurz davor und danach (dem langen Wochenende) ist der Aussie mit seinem Wohnwagen unterwegs, Campingplätze überfüllt und der Verkehr entsprechend. Diesen Umtrieb vermeide ich auf einem erstaunlich ruhigen Platz am Murray-Ufer in einer kleinen Cabin. Im nahen Ort gibt es Einkaufsmöglichkeiten und mein Abendessen nehme ich im Country-Club, eine Art Allroundvergnügungsstätte, ein. In diesem wird gegessen, getrunken, an Automaten gespielt und auf Pferde-/Hunderennen oder sonstiges gewettet. Und da in letzteren Gefahren lauern liegen vorsorglich Flugblätter gegen Spielsucht aus.

Nach drei Tagen entspanntem Nichtstun werde ich unruhig und breche trotz Feiertag auf. Ich denke, irgendwo am Fluss suche ich mir einen ruhigen Übernachtungsplatz. Finde ich aber nichts Passendes und lande im nächsten Ort wiederum auf einem Campingplatz. Diesmal schlafe ich im Zelt, die Cabins sind ausgebucht.

Auf diesem Platz und anderen Orten im Umfeld findet an dem langen Wochenende das jährliche Country-Musik-Festival statt. Kleinstgruppen und Einzelpersonen treten auf und spielen ihre besten drei Stücke. Dann ist der nächste dran. Es ist ein Festival der Älteren, junge Musiker sehe ich kaum, auch nicht unter den Zuschauern.

Im benachbarten Open-Air-Museum findet eine schwerwiegendere Show statt. Tonnenschwere alte Traktoren sind unter Dampf aktive und demonstrieren ihren damaligen Einsatz mit Winde und Kran.
Eine kleine Dampflok fährt Zuschauer übers Gelände – auch mich. Hinterher sehe ich etwas gesprenkelt aus. Aus dem Schornstein kam mit dem Wasserdampf ein feines Öl-/Rußgemisch. Mich kann ich abwaschen, ob die Jacke zu säubern ist werde ich sehen.
Auf dem Museumsgelände steht eine alte Pumpstation, die zwischen 1920 und 1960 Murray-Wasser in einen Kanal pumpte, nicht mittels Kolben, sondern mit Gasdruck wurde das Wasser gehoben – eine „Humphrey-Pump“. Sehr interessant und zu kompliziert zu erklären.
Gegen diese mächtigen Maschinen wirkt die gezeigte Schafsschur mit alten motorgetriebenen Schermessern wie ein technisches Kinderspiel. Ein interessanter Tag.

Der Abend klingt für mich nochmals mit Country-Musik in einem Festzelt aus. Damit verzögere ich das frühe ins Zelt verkriechen. Trotz frostiger Nacht schlafe ich gut bis zum morgendlichen Vogelkonzert. Manche klingen sehr melodisch, nur die Papageien sind einfach nur laut.

Am nächsten Morgen bin ich wieder in der typischen zweigeteilten Landschaft unterwegs. Plantagen und Felder auf der einen Seite, in Flussnähe oder geschützten Gebieten karges Buschland mit verholzten niedrigen Eukalyptusbäumen, dem Mallee, wie es hier genannt wird.

An einem See in Straßennähe sitzen auf einem abgestorbenen Baumstamm Pelikane. Fotogen spiegeln sie sich im Wasser.

Der erste Plattfuß auf dieser Reise stoppt mich am Nachmittag. Mit einmal Nachpumpen schaffe ich es so gerade zu einem schönen Platz am See. Baue dort das Zelt auf und flicke den Reifen.

In der Nacht höre ich oft plätschernde Geräusche und bin froh, dass es im Süden Australiens keine Krokodile gibt. Wahrscheinlich ist es ihnen im Winter einfach zu kalt.

Mal auf geteerten Straße, mal auf Dirt-Road, aber nie auf dem verkehrsreichen Highway, geht es am nächsten Tag weiter. Die Nacht verbringe ich nochmals im Zelt. Erst im nächsten Ort Morgan genieße ich wieder den Komfort einer Cabin und bleibe auch gleich einen weiteren Tag.

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