Vision-Quest
12 Tage
Dieses ist die Geschichte eines Mannes, der für 4 Tage und Nächte in die Wildnis geht um sich selbst zu finden im Spiegel der Natur.
Am Morgen bei Sonnenaufgang übertrete ich mit einem starken Gefühl eine Schwelle und ziehe mich aus der bekannten Welt zurück. Die nächsten vier Tage werde ich fastend alleine in der Natur verbringen. Habe eine Plane, Isomatte, Schlafsack, warme Sachen und fünf Liter Wasser dabei. Zurück bleiben Uhr, Taschenlampe, Kamera und sonstiges. Ich suche mir meinen Platz an einem einsamen Berghang mit Blick weit ins Tal. Zwischen zwei Bäumen spanne ich eine Leine, befestige die Plane zeltartig darüber. An zwei Seiten bleibt sie offen. Es ist ein kalter Tag. Regen, Sturm, Hagelschauer und selten ein wenig Sonnenschein wechseln sich ab.
Unter der Plane im Schlafsack finde ich auch tagsüber Schutz vor dem Wetter und die notwenige Wärme. Nachts lassen Sturmböen die Zeltplane schlagen, der Schlaf ist unruhig.
Ich versuche mich aus meiner bisherigen Welt zu lösen, verabschiede ich von gewohnten Handlungen, von lieben Menschen, auch von Marie. Ich bin traurig.
In der Dämmerung setze ich mich in einem aus Blättern gebildeten Kreis, um mich auch aus meinem Leben zurückzuziehen.
Wie durch ein Wunder sind nach dem letzten heftigen Regenguss am späten Nachmittag die Wolken verschwunden. Ich kann in die Ferne schauen, der volle Mond geht auf. Die Traurigkeit verwandelt sich in Ruhe und friedliche Stimmung. Bis weit in die Nacht hinein bleibe ich (im Schlafsack gehüllt) sitzen und schaue den Mond an.
Zwei Tage verbringe ich ohne Hungergefühl. Am Nachmittag des dritten Tages ist es damit vorbei. Der Gedanke ans Essen nimmt Raum ein – viel Raum. Ich werde unruhig, frage mich, weshalb ich die Tage hier verbringe, schlafe mit knurrendem Magen ein.
Der vierte Tage beginnt. Es wird ein langer Tag. Baue am Vormittag mein erstes Lager ab und suche einen neuen Platz. In diesem werde ich die letzte Nacht in der Natur wachend verbringen. Richte das Lager so ein, dass ich auf einem Stein sitzen, aber auch auf der Isomatte liegen kann, mit einer weiten Sicht ins Tal. Darüber spanne ich die Plane. Ein Steinkreis umschließt meinen Nachtplatz.
Beim Eintritt der Dämmerung trete ich ein.
Die Wolken hängen tief. Dichter Nebel zieht auf.
Sitzend, im Schlafsack gehüllt schaue ich zu wie der Nebel näherkommt. Langsam wird es dunkel. Lege mich zur Entspannung auf die Matte mit offenen Augen um nicht einzuschlafen. Nach unbestimmter Zeit setze ich mich wieder hin. Wundere mich mit welcher Leichtigkeit dieses geschieht. Blicke in die undurchdringliche Nebelwand. Lichter zucken darin auf. Wundere mich, es gibt keine Lichtquelle. Der Mond ist noch nicht aufgegangen. Die Nebelwand beginnt sich zu bewegen. Ockerfarbige, armdicke, wenig verzweigte algenartige Gebilde schwingen darin wie in einem See. Ich reibe mir die Augen, schaue wieder, starre hinein. Es ändert sich nichts. Ich schließe die Augen. Es wird heller – ich sehe Steine vor mir auf dem Boden und Felswände beim Umschauen. Öffne ich die Augen wird es dunkel, schließe ich sie wird es wieder hell. Ich sehe die gleiche Gesteinslandschaft.
Ich weiß nicht wie lange ich gesessen habe. Durch die Nässe des aufkommenden Regens ziehe ich mich in Liegestellung weiter unter die Plane zurück. Bin wohl auch eingeschlafen. Nach dem Aufwachen nehme ich nichts Besonderes wahr. Merkwürdig. Mit Sicherheit sage ich, es ist kein Traum gewesen.
Mit dem Beginn der Morgendämmerung am fünften Tag steige ich ins Tal zurück und überschreite die Schwelle in die bekannte Welt.
Gemeinsam mit den anderen Teilnehmern gehen wir hinunter in den Ort Bardou.
Für uns ist bereits eine heiße Suppe vorbereitet. Wie gut diese schmeckt.
Die Berichte aus den vier Tagen in der Natur werden uns gespiegelt. Wir erfahren uns auf eine besondere Weise. Unsere Leiter sind sind Lenker, Vertraute, Freunde und Ratgeber. Wunderbare kompetente Menschen.
Wir sind eine Gruppe von 10 Menschen, die hier zusammengekommen sind. Zehn Menschen, jeder mit seiner Geschichte. Nach 12 Tagen kenne ich sie, ihre Stärken und Schwächen, ihr Leid und ihre Freude. So gut, wie ich kaum andere Menschen kennengelernt habe. Das ist ein besondere Erfahrung für mich gruppenscheuen Menschen.
Ich habe sehr viel über mich gelernt. Dies wird noch lange Nachschwingen und mich auf meiner weiteren Reise begleiten.
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