8845 km
Am Morgen zog eine dunkle Wolkenfront auf. Sie setzte sich gegen den blauen Himmel durch. Meine Fahrt über die Ebene begann mit kräftigem Gegenwind. Beim Umrunden einer Halbinsel ist klar, dass nicht immer Rückenwind angesagt war. Damit hatte ich gerechnet.
Die weite Sicht über die Gras- und Sumpfebene beeindruckte mich immer. Die vielen Seen, Tümpel und Wasserlachen mit im Wind biegenden Grashalmen boten Abwechslung in der Monotonie der Ebene.
Beim Blick in die Ferne kamen meine Gedanken ins fließen. Ich stellte mir vor wie schön es zu Hause wäre. Ich würde die Bequemlichkeit genießen. Von St. Johns aus könnte ich bald zurückfliegen. Hinzu kam ein wenig Wehmut und Traurigkeit.
Sobald ich die Küste wieder erreicht hatte (die Straße am Bogen der Halbinsel ging durchs Binnenland) machten sich die Flusstäler bemerkbar. Es ging hinunter und wieder hoch. Nicht ganz so steil wie an der Westküste. Mit Blick über Steilküste und Meer.
Dieser Tag war nicht ein guter Radeltag für mich. Ich wurde bald müde und hatte etwas Kopfweh. Mir war bewusst, dass ich mein Zelt irgendwo aufbauen muss. Es gab keine erreichbare Übernachtungsmöglichkeit auf der Strecke. So suchte ich mir bereits am frühen Nachmittag einen „schönen“ Platz an einem Fluss. Machte einen Mittagsschlaf, kochte mein Abendessen und ging wieder ins Zelt. Kaum war ich im Schlafsack, tröpfelte der erste Regen aufs Zelt. Es regnete die ganze Nacht. Viele Außengeräusche gab es nicht, so konnte ich (fast) ungestört schlafen. Im Zelt wache ich nachts immer mal auf. Die Luftmatraze hat zwar „Matraze“ als Wortteil, die Bequemlichkeit fehlt jedoch.
Am Morgen im Nieselregen das Zelt abgebaut. An gemütlich Frühstücken vor dem Zelt war nicht zu denken. Im nächsten kleinen Ort in 10 km Entfernung an der zentralen örtlichen Versorgungsstelle: Tank- und Poststelle, Laden und Kaffeebar, konnte ich mein Frühstück mit Kaffee und Kekse nachholen.
Beim Beginn der Umrundung der zweiten Halbinsel (siehe Karte vom letzten Blog) müsste ich eigentlich wieder Rückenwind haben. Leider hatte der Wind sich für den Nachmittag um 180 Grad gedreht. Das Fahren wurde mühsamer. Der Regen hörte zum Glück auf. Ein Restaurant war nicht in Sicht. Im einzigen kleinen Supermarkt seit zwei Tagen ergänzte ich meine Lebensmittel. In St. Vincent’s übernachte ich in einer B&B-Pension. Teuer und mit sehr schlechter Matraze. Ich legte alle Decken auf dem Fußboden und schlief dort. Im Reiseführer stand, dass die Küstengewässer sehr tief sind und die Wale nahe ans Land kommen. Leider nur im Frühjahr, wie mir hier mitgeteilt wurde.
Am späten Nachmittag ging ich ans Meer. Der Strand bestand aus feinen schwarzen Steinen, die die hohen Wellen geschliffen hatten. Es stieg ein Nebel auf.
Am Morgen ging es bei Sonnenschein und Rückenwind an der Küste entlang. Ich durchfuhr einen geschichtsträchtigen Ort. Hier wurde das erste Notsignal der Titanic empfangen. 1840 ertranken in der Nähe deutsche Siedler. Nachdem sie ihr Hab und Gut in der Heimat verkauft hatten, banden sie sich ihr Gold und Silber als Gürtel um. Ihr Boot geriet in Seenot. Ihr schwerer Gürtel zog sie in die Tiefe. Alles dokumentarisch, sogar mit Namen, festgehalten.
Die Straße ging am Bogen der Halbinsel wieder hoch aufs Plateau. Es war ein ca. 20 km Fahrt mit Rückenwind durch die Weite der Ebene. Trotz einfachen Fahrens kamen die Bequemlichkeitsgedanken wieder auf. Merkwürdig, denn ich genoss das Umfeld. Wollte mein Zelt auf der Ebene aufbauen. Beim Halten umschwärmten mich so viele Fliegen, dass ich es unterließ.
Wieder an der Küste angekommen, war ich voll gefordert. Schöne Sicht und steile Bergstraßen. Übernachtet hatte ich auf dem Rasen hinter einer B&B-Pension. Nichts war frei, denn ich buche nie vor. Die Dusche konnte ich benutzen, Frühstück bekam ich auch.
Die Weiterfahrt am nächsten Tag begann mit Rückenwind und einem ständigen auf und ab. Irgendwie kam ich nie richtig in der Höhe an. Sobald ich oben war ging es runter und wie hoch.
Mein Ziel an diesem Tag war eigentlich in kleines Küstenstädtchen um noch einmal eine Whale-Watching-Tour zu machen. Da nach dem Labor-Day die Nebensaison angefangen hatte gab es die Touren nicht mehr. Die im Info versprochenen vorbeischwimmenden Eisberge in diesem Küstenabschnitt waren längst aufgetaut.
Je näher ich der Hauptstadt kam, desto mehr Autos tauchten auf. Vorher war so gut wie kein Verkehr. Auf belebter Straße fuhr ich in die Stadt hinein zur Jugendherberge. Sie lag günstig in Hafennähe im Zentrum.
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