Historisches Gefängnis und schwierige Entscheidungen.

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Mai 072017
 

Gefängnisruine in Port Arthur.

207. Reisetag

4056 km

 

Drei Grad am Morgen im Wohnwagen. Ich stelle die Elektro-Heizung an und frühstücke im Warmen. Mein kleiner Luxus. Draußen Sonnenschein und frisch, ideale Voraussetzungen für einen bergigen Tag. Ich starte (erstmals) mit Handschuhen. Eine kurze Strecke Küstenstraße, dann folgt der bergige Teil auf Schotterstraße. Oft so steil, dass ich schieben muss. Mit zwei entgegen kommenden Motorradfahrern halte ich einen Plausch. Sie berichten von Schnee und Regen auf der Westseite der Insel – „schöne“ Aussichten.

Es hügelt weiter, ringsherum meist langweilige Gumtree-Plantagen. Selbst eine Wiese mit Überblick bietet mir mehr Abwechslung. Je dichter bewachsen mein Umfeld ist, desto mehr tote Tiere, meist Wallabies, liegen am Wegesrand.

Am Nachmittag möchte ich mein Zelt auf einem Platz direkt an der Küste aufbauen. Darf es aber nicht. Der Eigentümer sagt Sturm sei angesagt und seine Versicherung haftet dann nicht. Was versichert ist, ich oder mein Zelt, kann er mir nicht sagen. In „meinen“ Wetternachrichten war von starken Winden keine Rede und sie kommen auch nicht. Was soll’s, so muss ich 20 Kilometer weiter über den nächsten Berg. Dahinter steht ein Hotel. 

Ich bin bereits auf der Tasman Peninsula, zwei hinter einander liegende Halbinseln, die durch sehr schmale Landengen miteinander verbunden sind. Durch diese besondere Lage waren sie im 19. Jahrhundert der ideale Standort für den riesigen Gefängniskomplex Port Arthur.
Aufwändig wurden die Ruinen der Häftlingsgebäude restauriert. Die gesamte Anlage, nebst einer Kirchenruine liegt heute in einem wunderschönen Park an einem malerischen Naturhafen. Der Gräuel dieses Straf- und Arbeitslagers ist zwar in Bildern und Texten dargestellt, das Umfeld passt aber eher zu einer Kureinrichtung. Wegen ihres historischen Wertes erhielt das Gefängnis das Siegel Weltkulturerbe und scheint den vielen Besuchern nach Tasmaniens wichtigste Touristenattraktion zu sein. Ich bin auch dabei. Ein Nachmittag der Besichtigung genügt, dann geht’s 40 Kilometer zurück und entlang der Küste nach Hobart, der zweitältesten Stadt Australiens und Hauptstadt Tasmaniens.

Jetzt muss ich die Entscheidung fällen, meine Inselrundtour durch den wilden Westen fortzusetzen oder mich mit dem Bus zurück zur Fährstation bringen lassen. Ich schwanke sehr, bei Sonnenschein (am ersten Tag) denke ich ans Weiterfahren, Nieselwetter und Winde am nächsten drängen zum Abbruch. Die Unannehmlichkeiten von Kälte, Wind und bergigen Anstrengungen setzten sich durch. Ich kaufe ein Busticket, buche die Fähre und bin ein bisschen unzufrieden mit mir.

Die weitere Entscheidung über meine Australientour ist weit schwieriger. Beim Blick ins Internet sehe ich mit Schrecken nur noch einen möglichen Termin für die Durchquerung des Landes mit dem Zug – Ende Juli. Mir eigentlich zu spät. Alles ausgebucht bis November. Es ist auch keine einfache Zugfahrt sondern eher ein Event. Buchen kann ich keinen Sitzplatz, sondern als Einzelreisender nur ein eigenes Abteil mit Vollpension inkl. Alkoholika u.a. Alles zu einem Preis der einen Flug nach Europa und zurück günstig erscheinen lässt. 
Mit dem Rad wären es 3000 Kilometer fast ohne Orte, eine für mich nicht einzuschätzende Anstrengung.
Alternativ käme eine westliche Weiterfahrt in Frage (die ich gedanklich bereits gestrichen hatte). 2500 Kilometer mit wenigen Orten, Tendenz Gegenwind zu dieser Jahreszeit und kalte Nächte.
Ich buche die Zugfahrt. Merkwürdig, ich freue mich nicht über den Komfort der Zugfahrt, sondern denke an ein versäumtes Abenteuer.

Zwei Tage später erreiche ich in der Frühe mit der Fähre Melbourne, bummele nochmals für zwei Tage durch die Stadt und organisiere meine Weiterfahrt.