Steam-Punk, Trödel und Schafschur.

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Jan 302017
 

110. Reisetag

2335 km

 

Oamaru – ein merkwürdiger Ort.
In einem alten Gebäude, im sogenannten Steam-Punk Headquarter, haben sich kreative Schweißer mit wilden Figuren aus Überbleibseln des Industriezeitalters des letzten Jahrhunderts ausgetobt, vermischt mit Spiegel-Technik und Klangkunst auf einem alten Klavier. Davor steht eine alte Lock, die nach dem Einwurf von 2 Dollar funkten sprüht, dampft und pfeift.

Nicht nur im Headquarter, auch auf dem Kinderspielplatz ist geschweißte Kreativität präsent. An einem riesigen Hochrad hängen Schaukeln, die Rutsche ist über einen gepanzerten Elefanten zu erreichen.

Oamaru hat das Glück auf stabiler Scholle zu stehen. Die schweren Erdbeben im 200 km entfernten Christchurch hinterließen keine Spuren. Viele Gebäude aus viktorianischer Zeit sind in Hafennähe erhalten geblieben. Ihren ursprünglichen Zweck erfüllen sie schon lange nicht mehr. Diverse Trödel- und Krimskramsläden, Galerien und Cafes haben sich hier angesiedelt.
Auf der Straße fährt ein Radler auf einem Hochrad, wie in vergangenen Zeiten, spielend einfach wie es aussieht. Andere Hochräder stehen zum Verkauf oder sind auf der Straße festgeschraubt – zum Aufsteigen für Neugierige. Es bleibt uns ein Rätsel weshalb gerade in dieser Stadt.

Die meisten Traveller kommen jedoch wegen der Pinguine. Nahe dem Ufer findet jeden Abend dieselbe Schau statt. Auf einer Bühne sitzend sehen die Touristen einen Schwarm Zwergpinguine aus dem Wasser kommen und über Steine zu ihren künstlichen im Boden liegenden Brutkästen watscheln. Der bessere Platz kostet ca. 35 Euro, die schlechteren sind günstiger. Wir beobachten das Theater aus der Ferne.

Unsere Unterkunft wechseln wir bereits am zweiten Tag (ist ausgebucht) und haben Glück damit. Die neue hat nicht nur einen schönen Blick über den Hafen, das besondere für uns ist der Mann der Chefin. Er ist Schafscherer und nimmt uns mit zu seiner Arbeit. Er organisiert sogar unseren Transport zur 40 km entfernten Schaffarm.
1000 Schafe werden an diesem Tag ihre Wolle verlieren. Zusammengepfercht stehen sie bereits einen Tag lag auf kleinstem Raum ohne die Möglichkeit zum Fressen – zum Ausködeln, damit beim Scheren alles sauber bleibt.
Im Schuppen sind 4 Schafscherer bei der Arbeit. Muskulöse Männer, sie packen das Schaf an den Vorderbeinen und ziehen es rückwärts aus dem Pferch. Die Schur beginnt. Manchmal strampelt es noch, dann wird der Klammergriff verstärkt und der Kopf zwischen die Beine geklemmt. In atemberaubender Schnelle fährt die Schere über den Körper. Nach 90 Sekunden erhält das Schaf einen Schubs und rutscht hinab in den Stall, die Schur ist beendet. Das heutige Tagespensum liegt bei 250 Schafen pro Scherer.
Frauen mit Holzschiebern klauben die frisch geschorene Wolle zusammen und sortieren sie nach Reinheit und Länge. Alles läuft mehr oder weniger wortlos ab. Es herrscht eine energievolle, schweisstreibende Arbeitsatmosphäre. Abba ertönt im Hintergrund zu dem lauten Brummen der Scherapparate.