98. Reisetag
1986 km
Genug der vielen Busfahrten und Stadtaufenthalte. Zur Eingewöhnung nach langer Pause starten wir auf dem „Little River Trail“, der aus Christchurch hinaus auf die vorgelagerte Halbinsel führt. Durch Vulkanausbrüche entstanden ist sie recht unwegsam und bergig. Der Trail verläuft jedoch auf einem ehemaligen Gleisbett und küstennah durch flaches Land.
Nach dem Verlassen der Vororte Christchurchs mit den endlosen Reihen der typischen Holzhäuser erreichen wir den Bahndamm, der uns auf geschotterten Weg durch trockenes Grasland mit viel Dornengestrüpp Richtung Küste führt.
Das offene Meer bekommen wir kaum zu sehen, dafür die endlose Weiten von Salzmarschen des Lake Ellesmere. Durch einen breiten Schotterstreifen ist dieser von der offenen See abgeschnitten. Auf seinen Wasserflächen tummeln sich die Vögel. Besonders interessant der große weiße Löffler, ein Schreitvogel mit aufstehenden Federfächer im Nacken. Mit seinem langem „Löffelschnabel“ stochert er unermüdlich im seichten Wasser herum.
Durch ein breites Flusstal mit Stausee gelangen wir ins Innere der Halbinsel und zur Endstation der Eisenbahn und damit unseres Trails. Es folgt eine kurze Bergfahrt und wir erreichen den Little River Campingplatz einem ehemaligen Bird-Sanctuary, mit gemütlichen Sitzecken, Topfblumen und Kompostklo.
Am nächsten Morgen geht es größtenteils auf dem gleichen Weg zurück, leider bei bedecktem Himmel. Geplant ist, einen von unserer Route etwas abgelegenen Campingplatz aufzusuchen. Der Wind bläst aber heftig gegen uns und Maries Magen rebelliert ein wenig. Wir übernachten in dem einzigen Motel im öden Ort Rolleston, dessen hoher Preis mir wiederum Magenprobleme bereitet.
300 Kilometer auf mäßig verkehrsreicher Straße liegen vor uns zum nächsten (fast) autofreien Radtrail „Alp2Ocean“. Zunächst durchfahren wir die flache Landschaft des Canterbury, eine der trockensten Regionen Neuseelands. Die von der Tasmansee kommenden feuchten Wolken regnen an der Westseite der Alpenkette ab bevor sie den Osten der Südinsel erreichen. Das Land wird trotzdem intensiv landwirtschaftlich genutzt. Lange Bewässerungsanlagen fahren computergesteuert über Wiesen und Felder. Das Wasser dazu wird durch Kanäle von aus den Alpen kommenden Flüssen abgezweigt.
Wir radeln fast geradeaus durch die Felderlandschaft, etwas ansteigend bei leichtem Wind von hinten, bis wir am späten Nachmittag steil hinunter in die Schlucht des Rakaia-Flusses abtauchen. Nach dem Zeltaufbau versuchen wir uns bei einem Spaziergang mit Stein-Art am Ufer des türkisblauen Wassers, dessen Farbe durch die Reflektion vom fein verteilten Gesteinsmehlsedimenten im Sonnenlicht entsteht.
Am Abend dann das übliche Nudelgericht und ein ins Zeltverkriechen mit der Dunkelheit. Die Nacht wird unruhig. Ein heftiger Wind fegt durch die Schlucht und lässt das Zelt flattern. In Europa würde man wohl Sturm dazu sagen.
Drei weitere Tage sind wir entlang des Alpenvorlandes bis zum Lake Tekapo unterwegs, den Startpunkt des nächsten Trails. Es wird bergig. Auf den Feldern weiden Hirsche. Von den Europäern zum Jagen ins Land gebracht hat ihre Zahl wegen fehlender Feinde überhand genommen. Als man merkte, dass sich ihr Fleisch gut nach Europa verkaufen konnte begann die Zucht.
Tekapo ist ein beliebter Halte- und Übernachtsungsort für die Touristenkarawane, besonders der asiatischen Gäste. Es ist ganz schön hier: Spaziergang auf und Weitsicht vom Mt. John, dem Hausberg, auf türkisblau leuchtende Seen und Bergkulissen. Zwei Tage hätten uns genügt. Wir bleiben länger. Wir buchten bereits in Christchurch ein Hostel, da wegen der Hauptreisezeit kurzfristig nichts zu bekommen ist. Früher als geplant kommen wir an, eine Umbuchung oder Stornierung ist nicht möglich. Nach zwei Zeltnächten wechseln wir ins Hostel. Das Wetter zeigt sich von seiner schäbigen Seite, Regen und heftige Winde gegen uns machen die Weiterfahrt unmöglich. Notgedrungen verlängern wir unseren Aufenthalt noch einmal.
Der Nutzen eines Regentages, ich schreibe den längst fälligen Blog.