29.868 km
Es könnte ein gemütlicher Sonntagmorgenausflug sein. Flache Straße, angenehme Temperaturen in der Frühe, kaum Verkehr und überhaupt nicht anstrengend. Auf der einen Seite Berge, auf der anderen der Blick aufs Meer.
Am Straßenrand ist das Spielzeug der Männer angebunden. Manchmal stehen sie in kleinen Gruppen zusammen und lassen es „spielen“. Wenn es zu heftig wird werden sie auseinander genommen.
Bereits am Vortag habe ich einen lauten aber angenehmen Ton wahrgenommen, der Erinnerungen an tibetische Tempel in mir aufkommen lässt. An diesem Tag sehe ich die Ursache. Ein mobiler Fischhändler auf einem Moped bläst in ein Muschelhorn, um Kunden auf sich Aufmerksam zu machen. Wie passend und angenehm im Vergleich zur sonstigen elektronischen Verstärkung.
Ich radele der nächsten Stadt und Unterkunft entgegen, mit 65 Kilometern eine nicht sehr weite Tagesstrecke. Nach dem Erreichen der Insel Leyte versiegten die Touristenströme. Unterkünfte gibt’s dafür fast nur noch in den Städten und auch nicht viele.
Einfach und laut vom Straßenverkehr ist meine Bleibe in Sogod. In der Frühe weckt mich bereits vor 5 Uhr der Fernseher des Nachbarzimmers. Lautstärkerücksichten gibt es in diesem Land nicht.
Ich bin fast ausgeschlafen und stehe auf. Erhalte sogar heißes Wasser für den Instantkaffee in der Rezeption. Um kurz vor 6 Uhr, noch vor dem Sonnenaufgang, bin ich auf der Straße.
An diesem Tag liegt eine Bergetappe vor mir. Ich möchte diese vor der Mittagshitze hinter mich gebracht haben. Es geht kontinuierlich in die Höhe, mit Steigungen bis 8 Prozent. Das ist für mich gerade noch ein nicht anstrengendes Radeln. Nur die Sonne darf mir dabei nicht auf den Pelz scheinen. Mit den Berg- und Baumschatten gelingt es.
Oben in der Höhe sehe ich wie lange Fasern getrocknet werden. Woher sie kommen, kann ich nicht feststellen. Ich erfahre, dass sie aus den Blättern einer Pflanze ähnlich der Banane gewonnen werden. Ihre Weiterverarbeitung erfolgt maschinell zu Garn und Stoffen.
Bergab geht’s dann schnell. Ich bin froh, dass beide Bremsen wieder funktionieren. Bevor ich die Küstenebene erreiche habe ich zwei weitere Steigungen zu erstrampeln. Jetzt im Sonnenschein und gegen den über Tag regelmäßig aufkommenden Nordost-Wind. In der Hitze der Mittagszeit erreiche ich die kleine Stadt Küstenstadt Abuyog. Das Hotel mitten im Zentrum ist mir zu teuer (45 €), die etwas günstigere Unterkunft für die vorhandene Ausstattung eigentlich auch. Habe aber keine Wahl.
Auf der Küstenstraße fahre ich am nächsten Tag zur Inselhauptstadt Tacloban.
Über diesen Küstenstreifen war vor zwei Jahren der Taifun Yolanda gezogen, der heftigste Tropensturm, der je gemessen wurde. Er war der 13. und letzte der Taifunsaison 2013. Immer noch zeugen zahlreiche Häuserruinen und Stahlgerippe großer Hallen von seiner Zerstörungskraft.
Auch Tacloban wurde schwer getroffen. Die Schäden scheinen nur einfachst repariert zu sein. Wie in den meisten philippinischen Städten dominieren in die Jahre gekommene Häuserzeilen die Straßen. Neubauten sehe ich wenige. Meist sind es dann große Shopping-Malls im Besitz reichen Familienclans mit Niederlassungen in den wichtigen Städten.
Ich besuche die Malls vor allem um dort im Supermarkt mein Müslivorrat aufzufrischen. Manchmal finde ich sogar Käse jenseits vom Cheddar.
Erschreckt bin ich bei jedem Einkauf von den Unmengen an Junkfood im Angebot und wie die Menschen ihre Einkaufswagen damit füllen. Kein Wunder, dass sie immer fetter werden und ich sehe bereits viele dicke Kinder.
Es gibt viele Früchte auf dem Markt, gekauft wird aber gezuckerter verdünnter Fruchtsaft in Dosen. Die „Ernährungsberatung“ erfolgt in der Werbung von Nestle & Co.