22.975 km
Es regnet, den ganzen Tag. Das hatte ich lang nicht mehr erlebt. Freue mich, dass ich in einer angenehmen Unterkunft bin. Einen Tag „gezwungen“ zum Nichtstun. Mit dem Aufstehen warte ich, kann im Zimmer Wasser für einen Nescafé erhitzen, lese, schreibe Blog und denke über meine Unternehmungen nach. Den angedachten organisierten Treckingausflug für die nächsten Tage streiche ich. Habe nur Sandalen mit angebrochener Sohle. Sollte die Sonne scheinen wird es über Tag zu heiß, auch im Schatten des Waldes. Außerdem ist es anstrengend durch die Berge zu stapfen und Gruppen mag ich auch nicht.
Fahre lieber auf meinem bewährten Fortbewegungsgefährt eine Runde um den Ort. Die unbefestigten Straßen sind matschig. Einen Fluss mit kräftiger Strömung durch den letzten Regen überquere ich auf einem Bambussteg. Viele Kürbisse liegen am Straßenrand und vor den Häusern. Ich sehe einen chinesischen Lastwagen, der gerade mit diesen beladen wird. Was macht die Chinesen nur mit so vielen Kürbissen? Erinnere mich daran, auf der Straße bereits vorbeifahrende Kürbislastwagen gesehen zu haben. Fertigprodukte aus China werden eingeführt, Kürbisse gehen zurück. Laos hat außer Elektrizität wenig zu bieten.
Auf den Reisfeldern wird gearbeitet. Für die Saat werden kleinere Felder geglättet. Auf manchen ist schon das intensive Grün zu sehen. Später werden die Reispflanzen ausgesetzt.
Der gestrige Regen behindert mein Fortkommen. Der Weg ist überschwemmt, zurück möchte ich nicht. Ich schiebe und trage mein Fahrrad auf schmalen rutschigen Pfaden durch die Reisfelder zur befestigten Straße. Ein Balancekunststück, der Fall wäre aber nur in den Matsch.
Oben am Hang des Ortes Luang Namtha schaue ich mir die vergoldete Stupa an. Dann geht’s noch über dem Markt auf dem ich eine Nudelsuppe schlürfe und neben Mangos eine Durianfrucht kaufe. Diese habe ich oft gesehen, aber noch nicht probiert. Außen stachelig, innen ist in verschiedenen Kammern ein weiches Fruchtfleisch mit wenigen großen Kernen, das Ähnlichkeit in Konsistenz und Geschmack mit Pudding hat.
Am nächsten Morgen belaste ich mich mit wenig Gepäck für zwei Tage und fahre durch den Nam Ha Nationalpark in und über die Berge. Eigentlich sollte es ein naturgeschütztes Gebiet sein, dort reiht sich aber eine Kautschukplantage an die andere. Nur die ganz steilen Hänge sind sich selber überlassen. Auf der anderen Seite der Bergkette, in einem breiten fruchtbaren Tal, liegt die Grenzregion zwischen Myanmar, China und Laos, das sogenannte Goldene Dreieck. Die Region lebte früher vom Handel und Schmuggel von Opium. Seit den 90er Jahren ist es damit vorbei. Im Tal wird Zuckerrohr angebaut, es gibt große Bananenplantagen in chinesischer Hand und natürlich Reisfelder. Im Hügelland am Rande der Ebene liegen Siedlungen verschiedener Volksgruppen.
Ich wähle eine Unterkunft auf dem Lande in der Nähe dieser Dörfer um einige am nächsten Tag zu besuchen. Von meiner kleinen Terrasse aus sehe ich am Abend den Schein vieler Taschenlampen über die gepflügten Felder streichen. Was die Menschen wohl sammeln. Sind es die Frösche oder Grillen, die lautstark konzertieren?
Mit ungutem Gefühl im Bauch starte ich meinen Rundgang. Tradition und Moderne prallen in den Dörfern aufeinander. Alte Frauen mit traditionellem Kopfschmuck, die jungen in Jeans und zu oft mit einem Kind auf dem Arm. Traditionelle Häuser aus Holz, Bambusmatten und gebrannten Ziegeln oder Grasdach, daneben stehen Steinhäuser mit Wellblechdach. Die neue Welt wird im Fernseher vorgegaukelt, die Jugendlichen haben über ihr Smartphone Zugang ins Internet. Wie lange die Tradition wohl bewahrt werden kann?
Eine Frau winkt mich in ein Haus, neugierig schaue ich hinein. Sie möchte mir traditionellen Schmuck verkaufen. Viel mehr Einsichten erhalte ich nicht, sehe aber ein wenig vom Dorfleben. An den Wasserstellen wird sich und die Wäsche gewaschen, ein Schwein wird geschlachtet. Viele Hühner und schwarze Schweine laufen herum. Verständlicherweise beachten die Menschen mich nicht. Meinen Rundgang halte ich kurz.
Hätte ich mich einer Tour mit Guide anschließen sollen? Dann wäre es vielleicht nicht gar so voyeuristisch oder ich hätte dann einfach einen Teil meines Unbehagen abgegeben.
Am nächsten Tag geht’s wieder über die Berge zurück nach Luang Namtha.