668. Reisetag
20.379 km
Maries Fahrrad steht flugtauglich verpackt vor dem Haus. Meine alten Ortlieb-Taschen übergeben wir der Stiftung der Unterkunft. Vermutlich werden diese von Schülern oder Studenten weiter benutzt. Wir machen einen letzten Gang durch die Hitze der Stadt. Der baldige Abschied drückt an diesem Tag unsere Stimmung.
Am Abend bringt uns ein Tuk Tuk zum Flughafen. Nach 24 h wird Marie via Seoul in Frankfurt landen.
14 Wochen lang und mehr als 3000 km weit ist sie mit mir über Berge und Ebenen gefahren. Hat ein anderes – mein – Leben kennengelernt, das nicht immer komfortabel aber höchst interessant ist. Ich hoffe, im nächsten deutschen Winter wird sie zu Hause unruhig und kommt zurück. Außerdem erspart sie sich damit den lästigen Wechsel auf Winterreifen.
Nach fünf Monaten Gesellschaft fahre ich alleine weiter. Kann alles selber bestimmen, muss nicht warten um loszukommen, habe keinen Austausch von Freud und Leid. Ja und nee.
Ich radele am übernächsten Tag in den Nordosten von Kambodscha Richtung Laos. Meinen Tagesrhythmus passe ich notgedrungen den Gegebenheiten an. Früh um 5 Uhr klingelt der Wecker. Vor der Sonne bei kühlen 25 Grad bin ich bereits auf der Straße. Gelbe Stoppelfelder auf beiden Seiten, auf denen Kühe ihre kärgliche Nahrung suchen. Wenn Wasser vorhanden grünt ein Stangenbohnenfeld. Die Bewässerung erfolgt mit der Gießkanne. In feuchten Gegenden wachsen Kokospalmen und Bananenstauden, es grünt sogar ein Reisfeld. Es scheint ein guter Tag zum Heiraten zu sein, fahre an vielen Hochzeiten vorbei. Der auf einer Stange befestigte Lautsprecher sorgt für die notwendige Beschallung.
Nach ca. 60 km lege ich in Beng Malea den ersten Stopp ein um ein große Tempelanlage zu besuchen. Ein Bretterweg leitet mich über Trümmerhaufen und dunkle Gänge. Wäre ich Tarzan könnte ich mich mittels Lianen fortbewegen. Das Urwaldgestrüpp ist nur notdürftig beseitigt.
Busseweise werden Koreanergruppen angeliefert. Sie laufen im Pulk und an interessanten Stellen macht jeder von jedem ein Foto.
Wegen der Tageshitze beabsichtige ich am späten Vormittag eine Unterkunft zu suchen. Finde die auf meiner Karte erwähnte aber nicht. Die Temperaturen erreichen tagsüber fast 40 Grad. Da fehlt das Radelvergnügen. Erst nach 100 km, in der Nähe der alten im 10. Jh. erbauten Angkor Hauptstadt Koh Ker finde ich meinen Schlafplatz. Alles recht einfach in einer Stelzenunterkunft, Dusche aus dem Eimer, nach Stromausfall und Ventilatorstillstand ist es im Zimmer nicht auszuhalten. Schlafe schlecht. Erst am frühen Morgen werden die Temperaturen erträglich.
Am nächsten Vormittag besichtige ich die weitläufige Anlage. Wieder Tempelruinen, diesmal einige aus roten Ziegelsteinen. Vor mir eine 40 m hohen Stufenpyramide. Sie passt so gar nicht zu den bisher gesehenen Angkorbauten. Ich kann sie sogar besteigen.
In weiteren Tempeln stehen riesige steinerne Shiva Lingams. Der Urwald ist allgegenwärtig. Die Wurzeln eines Baumes scheinen einen weiteren Tempel fast zu umfließen.
Am Vormittag sind noch keine Touristenbusse aus dem 120 km entfernten Siem Reap angekommen. Es ist schön und beruhigend alleine im Wald auf einem Stein zu sitzen und auf einen Tempel zu schauen. Das unwirklich laute Konzert der Grillen stört mich nicht.
Ich fahre zurück zu meiner Unterkunft und halte einen Mittagsschlaf. Ein amerikanisches Radlerpaar, aus Laos kommend, leistet mir am späten Nachmittag Gesellschaft. Sie sind 4 Monate in Südostasien unterwegs. Da wir in entgegengesetzte Richtungen fahren tauschen wir Reisetipps aus.