19.941 km
Das Aufstehen mit der Sonne verzögert sich etwas. Dennoch schaffen wir es einigermaßen früh auf dem Rad zu sitzen, um das 80 km entfernte Phnom Penh trotz Hitze und Schwüle zu erreichen. Zu Beginn rollen wir über unbefestigte Straßen und durchfahren kleinste Dörfer mit geschäftigem Leben.
Ein großes Tempelgelände lockt zu einer Besichtigung. Uns kommt ein LKW voller junger Mönche entgegen. Wohin sie wohl fahren? Vermutlich werden Sie in die Dörfer gebracht, um Essen und Spenden einzusammeln und dafür Gebete für die Spender zu sprechen. In einem der vielen kleinen Tempel sitzen drei ältere Mönche vor dem einbalsamierten Körpers des verstorbenen Klostervorstehers.
Wir nähern uns der Hauptstadt. Der Verkehr nimmt deutlich zu. Besonders stressig sind mal wieder die rücksichtslosen Busfahrer und die dicht vorbeifahrenden Mopeds und LKWs. Kurz vor Phnom Penh gelangen wir zu den „Killing Fields“, die ein grausames Kapitel der kambodschanischen Vergangenheit dokumentieren. In einer Gedenkstupa sind tausende Schädel und Knochenreste der Ermordeten aufgeschichtet. Dieser Ort hat etwas zutiefst Bedrückendes, auch jetzt noch. Während des Terrorregimes von Pol Pot (1975-1978) wurden hier 17.000 Menschen systematisch und unter grausamsten Bedingungen umgebracht. Um als Regimegegner zu gelten reichte es aus gebildet zu sein oder eine Brille zu tragen. Es ist kaum auszuhalten, was dort Menschen ihren Mitmenschen angetan haben. Betroffen und nachdenklich radeln wir weiter Richtung Innenstadt.
Der Verkehr wird dichter, teilweise kommt er zum Stillstand. Die Verschmutzung nimmt zu, Kloaken stinken in den Himmel. Wie so oft in größeren Städten landen wir im touristischen Innenstadtbereich. Die Hotels sind umgeben von kleinen Restaurants und Cafés in denen überteuertes Essen und Getränke angeboten werden. Die Gegensätze des Landes treten deutlich in Erscheinung. Neben den Mopeds nur große Autos auf der Straße, auf der anderen Seite viele Bettler und Familien, die am Straßenrand leben. Beim vergeblichen Suchen nach einer französischen Käseplatte (es gibt viele Läden mit franz. Namen aber ohne Käse im Angebot) nehmen wir unser Frühstück auf einer Art Kontaktfläche ein. Gesetztere weiße Herren sitzen mit jungen hübschen Kambodschanerinnen zusammen. Prostitution bzw. der Tourismus dazu, sind ebenfalls ein Problem des Landes.
Der Stadtspaziergang führt uns zum Wat Phnom, ein buddhistischer Tempel auf einem Hügel. Vor den Khmer-Buddhastatuen wird gebetet, Lotusblüten abgelegt und der Buddha mit Geldscheinen bestückt. In dem konfuzianischen Nebentempel herrscht deutlich mehr Betrieb (nicht Touristen). Einer steinernen Bestie wird Fleisch und Eier in den Rachen gelegt. Ein Priester murmelt etwas dazu und wirft Reiskörner über Betende und Bestie. Anschließend wird vor den konfuzianischen Buddhas gebetet und diese mit Geldscheinen versehen. Khmer und konfuzianischer Buddhismus scheinen sich zu vertragen.
Große buddhistische Tempel mit ihren typisch geschwungenen Giebeln und dazugehörige Wohnhäuser bilden kleine Stadtviertel. Mönche mit ihren orangen Gewändern sind allgegenwärtig, nicht nur beim morgendlichen Spendensammeln.
Über Tag wird es erdrückend heiß – Zeit für eine Siesta im gekühlten Hotelzimmer. Erst am Abend zieht es uns wieder nach draußen. In dem vegetarischen Restaurant „Corn“ (www.thecorn.com) esse ich ein ausgezeichnetes Jackfrucht-Currygericht.
Am nächsten Morgen steht vor unserer Unterkunft ein Altar mit Hühnchen, Bier und div. anderen Opfergaben. Das chinesische Neujahrsfest beginnt. Das Jahr des Pferdes wird durch das Schaf abgelöst. Die Gitter vor vielen chinesischen Läden bleiben ein paar Tage geschlossen. Auf der Straße wird mit Drachentanz und Trommelmusik gefeiert.
In unserer Nachbarschaft werden Zelte aufgebaut, Tische und Essen hergerichtet. Eine Kapelle spielt, buddhistische Gebete ertönen – über mehrere Tage. Ein Todesfall.
Der Besuch der großen Hallen des Zentralmarktes ist weniger interessant. Vor allem Schmuck-, Telefon- und Kleidergeschäfte, kein geschäftiges Marktleben. Wenig beeindruckend auch der Gang durch die vielen Gebäude des Königspalastes mit ihren typischen hochgezogenen Giebeln. Alles schön hergerichtet, Massen von Touristen und viel zu heiß. Es gibt in Kambodscha einen König, der wohl lieber Tänzer geblieben wäre, aber sein Stammbaum ließ es nicht zu.
Fünf Tage bleiben wir in der Stadt, sind durch die Hitze ein wenig schlapp, genießen gutes Essen. Haben dabei interessante Gespräche mit „Westlern“, die hier arbeiten.