17.394 km
In dichtem Morgenverkehr verlassen wir Ninh Binh. Der Himmel grau in grau, wie an den vorherigen Tagen. Wir haben trotzdem Glück, es bleibt trocken. Bald wechseln wir auf eine Nebenstraße. Und schon sind wir wieder näher im Kontakt mit unserem Umfeld. Dieser Sonntag scheint ein beliebter Hochzeitstag zu sein. Hochzeitszelte säumen unseren Weg. Aus einem Zelt mit besonders lauter Musik erhalten wir eine Schnapseinladung. Die Männer sind bereits gut abgefüllt. Wir lehnen dankend ab.
Die Karstfelsenlandschaft verschwindet. Es wird flach, Kanäle durchziehen die Gemüse- und brachliegenden Reisfelder. Erst in ein paar Monaten wird hier das saftige Grün der Reisfelder sprießen.
Nach 30 km erreichen wir den Ort Phat Diem. In diesem Ort waren die christlichen Missionare sehr erfolgreich. Besonders eine Kirche mit einem Portal im Pagodenstiel zieht Besucher an. Im Innenraum ein großes Holzschiff mit dicken Säulen, die den Dachstuhl halten. Bei unserer Ankunft ist der Gottesdienst gerade beendet. Menschenmassen strömen heraus.
Wir suchen uns bereits mittags eine Unterkunft. Der Gang durch den Ort beginnt mit einem Nudelsuppenessen. In den schmalen Gassen schauen wir in die Hauseingänge. Die Wohnungstüren haben immer Garagentorgröße. Dahinter ist ein Zimmer mit klotzigen verschnörkelten Möbeln. Der Fernseher läuft. Oft steht noch ein Moped dazwischen. Uns ist nicht klar, ob es bereits das Wohnzimmer ist.
Auf dem Rückweg zum Hotel lassen wir uns von einem vermeintlichen Pfannenkuchenbäcker verlocken. Anstatt einen Pfannkuchen erhalten wir sechs knusprig frittierte Küchlein, dazu jede Menge Grünzeug. Alles wird zusammen in Reispapier eingewickelt und zum Essen in eine leckere Soße getunkt. Endlich mal ein vegetarisches Gericht ohne große Erklärung.
Am Abend erreichen uns weihnachtliche Klänge aus der Nachbarschaft. Ach ja – Weihnachten ist nicht mehr fern.
Der nächste Morgen beginnt mit der traditionellen Nudelsuppe und auf geht’s entlang eines langen Kanals. Einen 10 km Schlenker müssen wir über die stark befahrene A1 machen, Vietnams Hauptverkehrsader, um eine Brücke über den Roten Fluss zu passieren. Danach ist der Flussdamm unsere Straße. Kleine Hindernisse sind an einer Brückenbaustelle (am Damm) zu überwinden. Wir können die Räder aber über die noch nicht einbetonierten Stahlgitter schieben. Ein (unnötiger) Umweg über einen Feldweg endet fast im Matsch.
Die Weiterfahrt auf dem Damm ist Ungewiss. Nach meiner digitalen Karte endet der Weg. Um kein Risiko einzugehen wechseln wir auf die Autostraße und erreichen nach 75 km im Ort Sam Son das Meer. Ein zur Zeit touristenleerer Ort mit vielen Hotels.
Nach einem „schmutzigen“ Bier an der Küste suchen wir uns ein Hotel in der 2. Reihe, wie sich später herausstellt etwas laut. Abends freuen wir uns auf frischen Fisch. In den vielen menschenleeren Restaurants werden aber nur Garnelen angeboten. Das bedeutet viel Arbeit um ans Essen zu gelangen.
Am Morgen weckt uns die Kakofonie der öffentlichen Lautsprecher um 6.30 Uhr. Dazu lärmen die mobilen Lautsprecher auf Rädern und Mopeds. Wir wechseln die Unterkunft wegen nächtlicher Unruhe und erhalten ein Zimmer mit Balkon und Meerblick. Es ist ein schönes, freies Gefühl die Weite des Meeres zu erleben und dem beruhigenden Wellenrauschen zu lauschen. Wir bleiben zwei Tage an diesem Ort.
Am Küstenstreifen liegen viele kleine Fischerboote mit schwarzem Rumpf, bestückt mit schwarzen und roten Fahnen zur Netzmarkierung. Die Ausbeute einer Fangfahrt ist nicht allzu groß. 1-2 Eimer kleiner Fische, Krabben und Garnelen werden an Land gebracht.
Aus den Erfahrungen des Vortages haben wir gelernt, dass wir unseren Fisch selber kaufen müssen. Mit diesem gehen wir in ein Restaurant und lassen ihn zubereiten. Klappt fasst wie gewünscht. Anstatt gedünstet hätten wir ihn lieber gebraten gehabt. Die sprachlichen Probleme sind groß. Die Verständigung erfolgt nur über Zeichensprache. Das gewünschte Essen zu bekommen wird zum Glücksfall.
Der abendliche Spaziergang führt uns in einen konfuzianischen (?) Tempel, aus dem Trommelklänge tönen. In der Mitte eines kleinen Tempels tanzt eine festlich gekleidete Frau. Um sie herum sitzen meist junge aber auch ältere Frauen und Männer. Als wir ankommen werden gerade Gurken in die Menge geworfen. Neugierig setzen wir uns an den Rand und verfolgen das Schauspiel. Die Zeremonienleiterin in der Mitte wird ständig neu eingekleidet. Immer wieder werden Gegenstände (Spiegel, Fächer, Kämme) und Lebensmittel (Starfrüchte, Mandarinen, Wasserflaschen …) in den Kreis geworfen. Den Sinn verstehen wir nicht, erleben dieses Ritual als unwirkliche, höchst interessante andere Welt. In einem benachbarten Tempelraum werden in einem Ritual Dämonen vertrieben und als Pappdarstellung verbrannt. Auch diese Zeremonie wird von Musik und Rezitationen begleitet.