Angriff im Kulturdreieck.

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Jul 312014
 

DSC08273452. Reisetag

14.643  km

 

Der Felsen von Sigiriya ist durch seine außergewöhnliche Form und Lage prädestinierte für den Bau einer Festung. Familiäre königliche Mordgeschichten im 5. Jh. sorgten dann auch dafür. König Dhatusena von Anuradhapura wurde von seinem von einer Nebenfrau geborenen Sohn Kassapa umgebracht um selber an die Macht zu gelangen. Aus Angst vor seinem Halbbruder Moggallana, der der rechtmäßige Thronfolger war, ließ er die Festung auf dem Felsen errichten. Moggallana kehrte mit einer Armee aus dem südindischen Exil zurück und besiegte Kassapa, woraufhin er König wurde und in die Hauptstadt Anuradhapura zurückkehrte.
Er überließ Sigiriya den Mönchen. In der Folgezeit geriet die Felsenfestung in Vergessenheit und wurde von Dschungel überwuchert. Erst 1828 wurde sie von Archäologen wiederentdeckt und restauriert.

Nachdem ich den recht hohen Touristeneintritt von 30 Dollar bezahlt habe, beginnt der Aufstieg auf den Magmablock eines erodierten Vulkans. Über eine Wendeltreppe etwa auf halber Höhe sind in einer Felsennische die aus dem 5. Jh. stammenden Wolkenmädchen-Fresken in prächtigen Farben zu bestaunen. In den 1970er Jahren wurden sie restauriert und die Brüste etwas aufgehübscht.

Auf einem Plateau an der nördlichen Schmalseite des Felses befinden sich die Überreste des Löwentors, nach dem der Felsen vermutlich benannt wurde: Von dem riesigen Löwenkopf, durch dessen Maul man früher den letzten, steilsten Teil des Aufstiegs begann, sind nur die zwei mächtigen Tatzen übrig.

Der Aufstieg zum höchsten Plateau erfolgt über steinerne Stufen und Leitern. Vorbei geht es an einer Bienenkolonie, deren Bewohner noch recht ruhig auf ihren Waben sitzen. Oben auf dem Felsen befanden sich die Palastgebäude, von denen nur die Grundmauern zu sehen sind. Das schöne hier oben ist der wunderbare Rundblick. Lange sitze ich im Schatten eines Baumes und lasse die Weite auf mich wirken.

Beim Abstieg am Nachmittag beginnt der Angriff der Bienen. Das vernünftige Denken bei mir setzt aus, als sich die Bienen auf mich stürzen, und nicht nur auf mich. Die Menschen laufen in Panik die Leitern hinunter und ich folge ihnen. Ich hätte noch umkehren können um auf der Plattform den Abend abzuwarten, dann wäre ich mit wenigen Stichen davongekommen. Ich aber renne hinunter und habe mein schlimmstes Erlebnis auf der Fahrt. Denke noch, das wichtigste ist Mund und Nase zuzuhalten und hindurch durch die Angriffswelle. Diese ist heftig. Die Arme sehen aus, als wäre ich in einen Kaktus gefallen, vor allem aber ist der Hals zerstochen.

So wie die Hunde beim bewegten Objekt den Jagdtrieb spüren ist es bei den Bienen das Verjagen. Ich hätte mich hinknien sollen, dann wäre wohl weniger passiert. Das wusste ich als Imkersohn nicht einmal. Die Beine sind nicht zerstochen, am Hals und Kopfansatz sind es wohl über 50 Stiche.

Mit schlotternden Knien komme ich unten an und versuche mich von den vielen Stacheln zu befreien. Die letzten habe ich beim abendlichen Duschen entfernt. Sicherheitshalber lasse ich mich mit einem Tuk-Tuk in das naheliegende Kleinstkrankenhaus fahren. Dort bekomme ich eine Handvolle Medikamente zum Schlucken, Kreislauf ist ok und Herz schlägt normal.

Zu denken gibt mir mein unüberlegtes Verhalten. Vielleicht kann ich aus diesem Ereignis noch etwas lernen.
Im Internet lese ich, dass erst einige hundert Stiche den Menschen in Lebensgefahr bringen. Das beruhigt mich nicht wirklich.

In der Nacht spüre ich wie sich ein Nadelband um den Hals legt, das zum Morgen hin fürchterlich zu jucken anfängt. Immer wieder kühle ich den Hals mit Wasser. Das Tagesprogramm ist auf eine kleine Radtour um einen See begrenzt.

Die Tour am nächsten Tag ist kurz. Ich fahre weiter nach Dambulla. Ein riesiger neuer 30 m hoher goldener Buddha steht etwas kitschig am Straßenrand. Interessanter sind die fünf Höhlentempel dahinter, die in einen hohen Granitfels geschlagen wurden. In ihnen liegen einige große Buddhafiguren, die vielen kleinen sitzen und stehen. Wände und Decken der Tempel sind bunt bemalt. Selbst der Hindugott Vishnu ist präsent. Schön, dass sie sich so gut miteinander vertragen.

Flusslandschaften.

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Jul 282014
 

DSC08153449. Reisetag

14.623  km

 

Gemütlich meinen Aufenthalt an der Ferienküste mit einem Frühstück abgeschlossen und mich auf die bereits heiße Straße begeben. Mein Ziel ist die Stadt Trincomalee. Es sind nur 20 Kilometer. Weiterfahren möchte ich nicht, da nur kleine Dörfer ohne Unterkunftsmöglichkeit auf der danach folgenden Strecke folgen.

Die vielen Militärstützpunkte am Straßenrand verdüstern meinen Blick auf das anfangs so freundlich wirkende Sri Lanka. Es gibt wahrlich wichtigere Probleme zu lösen auf dieser kleinen Insel.

Trincomalee ist eine lebendige Stadt auf einer Landzunge. Als Sehenswürdigkeit liegt ein Shiva geweihter Tempel auf einer ins Meer hineinragender Felsenklippe. Die ernsthaften Tempelbesucher sind weiß gekleidet.
Am Abend unerwarteter Weise ein leckeres indisches Gericht erhalten.

Früh am nächsten Morgen verlasse ich die Stadt. Die Tagesstrecke ist lang. Ein Problem neben der Hitze (das Tachothermometer zeigt 45 Grad an) wird der ewig wehende WSW-Wind, teilweise mit heftigen Böen, sein. Ich verlasse für einen westlichen Schlenker die Küstenregion. Die ersten 60 Kilometer fahre ich auf guter Straße. Danach biege ich in einen Feldweg ein und fahre auf einem Damm entlang eines Flusses. Immer hoffend, dass es auch wirklich weiter geht.

Vor mir liegen weite Überschwemmungsebenen. In einzelnen Wasserlachen wird mit Netzen erfolgreich gefischt. In Säcken werden die Fische auf Motorrädern abtransportiert. Viele Wasserbüffel suhlen sich in kleinen Tümpeln.
Der Weg wird sehr holprig. Oft ist der Damm weggespült. Ich folge dann den Mopedspuren durch die meist sandige, steinige Ebene, die eine Passage vermuten lassen. Muss dabei auch manchmal durch stehende Wasserflächen das Rad schieben. Die tiefliegenden Fronttaschen trage ich anschließend nach. In der Regenzeit wird wohl alles unter Wasser stehen und ein Durchkommen ist nicht möglich.

50 Kilometer Schotterwege und der strenge Gegenwind schlauchen mich sehr. Mein Wasservorrat reicht so gerade. Das 40 Grad heiße Wasser schmeckt nicht besonders, löscht aber trotzdem den Durst. An diesem Tag erreiche ich 6 Liter Wasseraufnahme. Die Sonne wirft bereits tiefe Schatten als ich endlich eine Unterkunft finde. Habe am Abend wenig Appetit und immer noch Durst.
Hinterm Spiegel in meiner Unterkunft schaut ein Frosch hervor. Wie mag er es wohl dorthin geschafft haben. Am Morgen ist er verschwunden.

Die Strecke am nächsten Morgen ist mit 45 Kilometer kurz. Fahre auf guten Straßen, aber immer noch gegen den Wind nach Sigiriya. Dieser Ort ist von der UNESCO zum Welterbe ausgezeichnet. Bereits von Weitem sehe ich den 185 m hohen, oben abgeflachter großer Felsen, der aus seiner Umgebung herausragt wie ein Pilz auf der grünen Wiese.
Hoffe, die Touristenscharen halten sich in Grenzen. Bereits am Ortseingang kommen mir mit Menschen beladene Elefanten entgegen.

Die Ostküste.

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Jul 252014
 

DSC08064446. Reisetag

14.442 km

 

Fahre weiter Richtung Süden nahe der Küste. Zu sehen bekomme ich das Meer selten. Bedrohlich wirken die vielen Militärlager, die manchmal nur wenige Kilometer auseinander liegen. Anstatt Integration der Tamilen wird Macht demonstriert. Als Durchreisender kann ich die Benachteiligung der tamilischen (in der Minderheit) gegenüber der singalesischen Bevölkerung schwer einschätzen.

Die internationalen Hilfsorganisationen versuchen, das durch Krieg und Tsunami erlittene Leid der Bevölkerung durch Hilfsprojekte zu lindern. Viele Häuser mit der Aufschrift „Red Cross“ auf dem Dach stehen am Straßenrand. Ungefähr die Hälfte ist fertiggestellt und bewohnt. Die anderen haben 10 Jahre nach der Tsunami-Welle und 5 Jahre nach dem Kriegsende noch Rohbaucharakter, d.h. Mauern und Dach sind vorhanden. Wahrscheinlich müssen die neuen Bewohner den Bau selber fertigstellen. Über die Zuteilung weiß ich nichts. Zahlreiche Schilder weisen auf weitere Hilfsprojekte hin.

Die meiste Zeit fahre ich durch trockene Landschaft. Trotzdem sehe ich oft kleine und große Seen, die nur durch einen schmalen Küstenstreifen vom Meer getrennt sind. Dämme überqueren ins Land hineinragende Lagunen. Einige Kokosplantagen sind angelegt, viele davon noch im Kinderstadium. Angebaut werden vorwiegend Zwiebeln. Die Bewässerung erfolgt mit flachen Kannen per Hand. Das aus Brunnen gepumpte Wasser fließt in Mulden aufs Feld.

Nach meiner Karte müsste ich einen großen Bogen um eine tief ins Landesinnere reichende Lagune fahren. Die geteerte Straße führt aber weiter entlang der Küste. Ich biege nicht ab und bleibe darauf, bis diese endet. Ich stehe vor einer weiten Wasserfläche. Eine Fähre darüber gibt es nicht, aber viele kleine Fischerboote liegen am Ufer. Schnell ist jemand gefunden, der mich hinüberfährt.

Am Nachmittag erreiche ich wieder touristisch erschlossenes Gebiet. D.h. es gibt angenehme Unterkünfte und eine Auswahl an Essen. Merkwürdigerweise ist trotz der Hitze und Sommer in Europa gerade Saison. Die strandnahen Unterkünfte sind ausgebucht. Etwas zurückversetzt finde ich in einer kleinen 5-Zimmer-Anlage eine nach hiesigen Verhältnissen etwas teure Unterkunft (27 €).
Ich habe Unterhaltung mit anderen Touristen, gehe mit ihnen am Abend essen. Das ist auch mal schön. Ich probiere das lokale alkoholische Getränk aus Kokosmilch. Schmeckt mir aber nicht und ich greife zum Flaschenbier.

Ich bleibe ein paar Tage. Habe die Hitze auf dem Fahrradsattel satt. Der endlose Strand ist schön und nicht bevölkert. Nur gestört durch den Stacheldrahtzaun eines Militärlagers.
Das Wasser hat die richtige Badetemperatur und ist erfrischend. Nach dem Verlassen verbrennt mir der heiße Sand fast die Fußsohlen. Das Ufer ist schattenlos. Ich gehe zurück in meine Unterkunft, lese, schreibe Blog und halte ein Schläfchen.

Die Jaffna-Halbinsel.

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Jul 212014
 

DSC07915442. Reisetag

14.342 km

 

In Jaffna bleibe ich vier Tage. Die Hitze schlappt und macht mich ein wenig träge. Gehe die Stadt langsam an. Jeden Tag eine kleine Unternehmung.
Zuerst die Innenstadt zur Orientierung. Um den zentralen Busbahnhof drängen sich die zahllosen Geschäfte und einige Märkte. Die Schäden, die der Krieg in der Stadt angerichtet hat, halten sich in Grenzen. Jaffna wurde geschützt, sei es von den Tamil Tigers oder der sri-lankischen Armee. Die Schlachten spielten sich meist außerhalb ab. Mit Ausnahme der Schlacht um das alte erst portugiesisch, dann holländische Fort. Die Innengebäude wurden vollständig zerstört, die dicken Mauern erheblich. Jetzt wird renoviert.

Der Nallur Kandaswamy Kovil ist der wichtigste Hindu-Tempel im Norden des Landes. Er ist dem Kriegsgott Karttikeya geweiht. Kriegsgott und Tempel, passt das zusammen? Die Puja dort beginnt mit viel Lärm. Zusätzlich zum Handgeläute gibt es Trommel- und Glockenschlag-Automaten. Nach der wenig besuchten Veranstaltung werden alle schnell aus dem Tempel geworfen und dieser abgeschlossen. Die Tempeldiener möchten wohl ihren Mittagssiesta halten. Anfang August gibt es ein 25-tägiges Tempelfest. Passend zum Kriegsgott ist es für den gläubigen Hindu ein Quäl-Dich-Fest. Körperteile werden mit spitzen oder scharfen Gegenständen durchstochen. Leider ohne mich, so lange möchte ich hier nicht bleiben.
Habe festgestellt, dass die christlichen Kirchen ihre Mitglieder besser unter Kontrolle haben. Die Kirchen sind voll. Buddha-Tempel gibt es im indisch beeinflussten Tamilengebiet wenige.

Einen Hafen gibt es nicht. An der Küste liegen die kleinen Fischerboote vor Anker. Das Ufer ist arg verschmutzt, vor allem mit Plastiktüten, die es selbst beim kleinsten Einkauf gibt. Ab und zu fließt eine stinkende Kloake ins Meer.

Der indische Einfluss macht sich für mich positiv bemerkbar. Endlich stehen neben dem sri-lankischen (mir bereits langweiligen) Curry auch andere Speisen auf dem Programm. Besonders gut schmecken mir die Dorsa-Gerichte.

Am 5. Tag geht es an der Küste entlang weiter nach Norden. Der Süd-West-Wind treibt mich gut voran. Das Umfeld ist trocken. Kokospalmen gibt es kaum, die Palmyra-Palme ist anspruchsloser und weit verbreitet. Die Frucht dieser Palme sieht außen aus wie eine dunkle Kokosnuss. Im Inneren sind drei Fruchtkammern mit einer glibberigen Masse. Sie wird mit den Fingern herausgedrückt und hat kaum Geschmack.

Ein großer Buddha meditiert am Straßenrand. An dieser Stelle landete der heilige Zweig des Budhi-Baumes aus Indien vor gut 2000 Jahren.

Ab und zu kommt mir eine Fahrradstreife des Militärs entgegen. Die Jungen in Uniform mit Gewehr. Einer hat die Luftpumpe dabei.

Ich halte an einem kleinen Hindutempel und werde gefragt ob ich Lunch haben möchte. Mit Freude nehme ich an. Jeden Sonntag wird nach der 12 Uhr-Puja freies Essen ausgegeben. Der Spender (an diesem Tag) gedenkt damit dem einjährigen Todestag seines Bruders. Der Raum ist voller junger Schüler, die etwas gelangweilt die Puja abwarten bevor aufgetischt wird.

Die Weiterfahrt ist auf meiner geplanten Route nicht möglich. Die Nordküste ist in weiten Bereichen militärisches Sperrgebiet. Keiner kann mir sagen wie großräumig die Absperrung ist. Muss weit ins Landesinnere zurückfahren – gegen den Wind.
Das Innere der Halbinsel ist dicht besiedelt und fruchtbarer als der Küstenstreifen. Bananen und vor allem kleine Zwiebeln werden angebaut.
In einem 20 Kilometer Umweg-Bogen nähere ich mich der Kleinstadt Point Pedro, dem nördlichsten Zipfel der Insel. Auf dem Markt kaufe ich die tägliche Papaya und einige Mangos. Habe wegen der Hitze einen hohen Flüssigkeitsbedarf, den ich nicht nur mit Wasser stillen mag. In einer recht schäbigen Unterkunft werde ich die Nacht verbringen. Am frühen Abend höre ich Musikklänge und Kracher. Auf der Straße zieht ein Hindu-Umzug vorbei. Viele Männer mit freiem Oberkörper schieben einen kleinen Festwagen. Hinter einer beleuchteten großen Plastikblume ist ein kleiner Hindugott verstaut. Der Umzug zieht mit Musik und Maskentanz durch die Straßen. Unmengen Blütenblätter werden geworfen. Zwischendurch wird mit Feuerwerkskörpern laut und störend geknallt.

Nahe der Ostküste fahre ich am nächsten Morgen wieder Richtung Süden. Der bisher schiebende Wind steht auf dieser Seite der Insel gegen mich.
Die Spuren des 2009 beendeten Bürgerkrieges sind nicht zu übersehen. Viele Häuserruinen stehen in der Landschaft. Ganze Dörfer wurden ausgelöscht. „Mines“, diese Schilder stehen noch oft am Straßenrand. Zusätzlich überflutete vor 10 Jahren die gewaltige Tsunami-Welle das flache Land. Was für ein Leid musste die Bevölkerung über sich ergehen lassen.

Über den Elefantenpass verlasse ich die Jaffna-Halbinsel. Der Name des Passes (kein Bergpass) stammt daher, dass in der Trockenperiode Elefanten auf der Suche nach Wasser hindurchzogen. Der strategisch wichtige Pass war während des Krieges heftig umkämpft.
Nach 90 Tageskilometer erreiche ich den Ort Pudukkudiyirippu. Die Namen sind oft unaussprechlich. Die Frage nach meiner letzten Bleibe kann ich oft nicht beantworten. Die Unterkunft ist eigentlich sauber und in Ordnung. Nur ein Handtuch gibt es nicht, hat der letzte Gast mitgenommen. Internetanschluss ist vorhanden, aber keiner kennt das Passwort. Die Klimaanlage funktioniert nicht, da die Stromspannung zu gering ist.