In der Wüste.

 Unterwegs  Kommentare deaktiviert für In der Wüste.
Jun 032014
 

DSC06014394. Reisetag

 

Ich buche einen Ausflug in die Wüste. Zusammen mit Alex aus Argentinien setzt man uns in ein Taxi. Vorne auf dem Armaturenbrett steht das zoroastrischen Symbol des Faravahar. Von seiner Religion her, erklärt der Fahrer, sei er ein Moslem. Er fühlt sich damit nicht sehr verbunden. Ein Buddhist zu sein, käme seinen Vorstellungen am nächsten, das geht im Iran aber nicht. Er ist interessant gesprächig. Erzählt von seinem Zuhause. Der Vater ist das absolute Familienoberhaupt. Was er sagt, ist auch für den 35-jährigen verheirateten Sohn verbindlich. Als er mein Alter erfährt, hätte er mich gerne als Vater gehabt.

Wir durchfahren eine extrem trockene ebene Landschaft, aus der steile Berge in die Höhe ragen. An dieser Straße, früher die einzige Verkehrsverbindung durch die Große Kavir-Wüste, liegt der kleine Ort Kharanaq mit zahlreichen Lehmbauten. Es sind keine Einzelhäuser, sondern größere Lehm-Komplexe. Manche Ecken sind restauriert, andere zerfallen. Dazwischen gibt es neuere aber bereits wieder verlassene Räumlichkeiten. Ein merkwürdiges Durcheinander.
Die restaurierte Karawanserei hat einem großen Innenhof mit zahlreichen Räumen rundherum.
Am Ortsrand sind einige grüne Felder dahinter die kahlen Berge. Das Wasser wird durch die Qanaten (unterirdische Kanäle) weither aus den Bergregionen hergeleitet. Ab und zu sehen wir in der trockenen Landschaft die Kuppeln einzelner Wasserstellen, oft verbunden mit einem Windturm.

Viele Wüstenkilometer weiter besuchen wir Chakchak, einen heiligen Ort der Zarathustrier. Der Feuertempel liegt am Hang in einer Felshöhle. Seinen Namen hat er vom Geräusch des Wassers, das regelmäßig aus einem Fels tropft. Diese Quelle und ein heiliger Baum werden verehrt. Anlässlich des Sommeranfangs versammeln sich hier Tausende Gläubige zu einer Zeremonie.

Der letzte Abstecher führt uns in die alte Stadt Meybod an der südlichen Seidenstraße. Auf einem Hügel inmitten der Stadt steht die vollständig aus Lehmziegeln erbaute Festung Qaleh Narin. Früher lag sie an einer wichtigen Karawanenroute. Es gab gleich in der Nähe einen „shahabbasi“ eine Art Servicecenter mit Karawanserei, ähnlich der in Kharanaq, einen Eiskeller mit großer Kuppel über dem Becken zur Kühlung von Lebensmitteln und eine Poststelle.
Beim Verlassen der Stadt schauen wir in einen gut renovierten taubenlosen Taubenturm hinein mit Tausenden von Nistplätze. Er diente zur Lieferung von Dünger für die Landwirtschaft.

Am nächsten Morgen hole ich meinen Pass ab. Habe eine Aufenthaltsverlängerung – wie gewünscht – über 30 Tage bekommen.
Ich fahre mit dem Taxi weiter an den Rand der Stadt zu den Türmen des Schweigens, die Begräbnistürme der Zarathustrier. Hier wurden die Toten, nachdem sie zuvor in den Gebäuden am Fuße der Hügel für den Übergang in die andere Welt vorbereitet wurden, aufgebahrt und den Geiern überlassen. Die Zarathustrier glauben, dass Leichen die Erde, eines der vier heiligen Elemente, verunreinigen. Dieser Brauch wurde in der Shah-Zeit verboten. Die Toten werden jetzt in Gräbern mit Zementplatten beerdigt.

Der Taxifahrer überredet mich eine weitere Sehenswürdigkeit zu besuchen. Nachdem wir uns über den Preis geeinigt haben fahren wir etwas außerhalb der Stadt zu eine der ältesten Moschee Irans aus dem 9. Jh. mit einem auffälligen Minarett.
Wieder in meiner Unterkunft angekommen, packe ich meine Sachen zusammen. Am nächsten Morgen geht es weiter.

Die Lehmstadt Yazd.

 Unterwegs  Kommentare deaktiviert für Die Lehmstadt Yazd.
Jun 012014
 

DSC05829

392. Reisetag

350 km Bus

 

Mein nächstes Ziel ist die alte Stadt Yazd am Rande der Kavir-Wüste. Die Fahrt dorthin durch eine aride/semiaride Steppe lege ich mit dem Bus zurück. Die Entscheidung ist nach dem Blick aus dem Busfenster vernünftig gewesen. In wenigen Senken stehen Bäume, ansonsten durchfahre ich eine sehr spärlich bewachsene buschlose Ebene mit wenigen kleinen Orten. Nicht einmal Schaf- und Ziegenherden sind unterwegs.
Im Bus wird es zusehends heißer. Bei meiner Ankunft in Yazd steht das Thermometer kurz vor 40 Grad. Im Gegensatz zur äußerst trockenen Umgebung kann die etwa 1200 m hoch gelegene Stadt und ihr Umland und durch ein ausgedehntes System von Qanaten (unterirdische Kanäle) aus dem nördlichen Shir-Kuh-Gebirgsmassiv mit Wasser versorgt werden.

In der historischen Altstadt von Yazd stehen fast ausschließlich Lehmhäuser in engen Gassen mit teils überdachten Gängen und Kuppeln. Die Häuser sind umgeben von hohen Mauern, hinter die man selten schauen kann. Etliche dieser Bauten sind in sich zusammengesunken.

Auffallend sind die zahlreichen Windtürme, die in den Himmel ragen. Der warme Wind streicht über/durchs Wasser. Durch Verdunstung entsteht ein kühler Hauch. Sie sind eine Art Kühlschrank. Hineinschauen kann ich leider nirgends. Kuppeln auf Bodenhöhe mit Windtürmen weisen auf Zugänge zu den Qanaten in ca. 10 m Tiefe hin.

Das Wahrzeichen von Yazd ist das hochaufstrebende Eingangsportal mit Doppelminarett der Freitagsmoschee aus dem 14. Jh. inmitten der Altstadt. Vor einigen Moscheen stehen schwere Holzgestelle, der Naql. Diese werden anlässlich der Trauerprozession für Imam Hossein (am zehnten Tag des Muharram, des ersten Monats des religiösen Jahres) geschmückt und von vielen Männern getragen. Damit wollen sie das Martyrium des Hossein „nachleiden“ und nachträglich büßen. Es ist der bedeutendste religiöse Feiertag im Iran.

In der großen Moschee sitzt am Donnerstagabend auf dem Stuhl in der Mitte der Imam und erzählt/predigt ins Mikrophon. Am Rand der großen nach einer Seite hin offenen Halle sitzen die Männer. Sie unterhalten sich meist untereinander. Ich setzte mich dazu um die Stimmung einzufangen. Bekomme wie alle ein Tee und eine Art Maffin angeboten. Draußen vor der Halle sitzen die Frauen in Schwarz auf einer Plattform. Auch ihnen wird etwas angeboten. Mir scheint, es ist eher ein geselliger Treff. Richtig zuhören, was vorne der Imam erzählt, scheint kaum einer.
Zum Ausruhen setzte ich mich mittags am Freitag, dem wöchentlichen Feiertag, wieder in die Moschee. Der Muezzin ruft aus scheppernden Lautsprechern. So nach und nach kommen einige Männer. Jeder betet für sich, nicht gemeinsam. Einen Imam gibt es nicht. Die Frauen sitzen hinter einem Vorhang. Viele tragen über ihren schwarzen Umhang zum Beten noch einen weißen. Gehen damit aber nicht nach draußen. Kinder laufen zwischendurch herum, das stört keinen. Wenn das Handy klingelt wird das Gebet unterbrochen.
Es läuft alles recht locker ab, nicht so geregelt wie in der Türkei.

Am nächsten Vormittag besuche ich einen Feuertempel der Zarathustrier. In ihm wird die heilige Flamme gehütet, die als Symbol der Gottheit gilt. Über dem Eingang des Tempels ist das Zeichen des Faravahar, im zoroastrischen Glauben ein Symbol des Geistes. Faravahar, zeigt gegensätzlich wirkende Kräfte, die von vielen so verstanden werden, dass Gott mit dem Bösen ständig im Kampf liegt. Das Symbol ist allgegenwärtig im Iran und wird gerne als Amulet getragen. Der zoroastrische Glaube ist die älteste monotheistische noch lebendige Religion der Menschheit.

Es gibt viele Reisende in diesem Ort. Das schlägt sich auf eine gute Qualität der Unterkünfte nieder. Mein Übernachtungshotel „Silk Road“ ist ein traditionelles Lehmhaus mit großen Innenhof, um den Zimmer gruppiert sind. Ich treffe viele Reisende. Zwei deutsche Pärchen sind jeweils mit dem VW-Bus unterwegs, zwei Schweizer mit dem Fahrrad. Da es über Tag sehr heiß wird, zieht sich das Zusammensitzen beim Frühstück mit Unterhaltung schon mal bis zum Abend hin.
Am Sonntag gehe ich zum Immigrationsoffice, um eine Aufenthaltsverlängerung zu beantragen, da in fünf Tagen mein Visa ausläuft. Der Beamte ist interessiert an meiner Fahrradtour. So hoffe ich, dass eine 30-tägige Verlängerung genehmigt wird. Soll den Pass in zwei Tagen abholen.