Wüste Landschaften und chodâ hâfez Iran.

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Jun 212014
 

DSC06779412. Reisetag

560 km Auto + Bus

 

Es geht schneller als gewollt. Am Tag nach dem letzten Hitzeerlebnis verlade ich das Rad auf ein Auto und fahre zur nächsten Stadt Lar. Im kühlen Hotelzimmer schaue ich dort die Karte und das Höhenprofil an. Ich werde es noch einmal versuchen eine Teilstrecke zu radeln. Etwas später gehe ich nach draußen. Eine Hitzewelle schlägt mir entgegen. Die Vorsätze sind dahin. Meine Radfahrt im Iran ist beendet. Etwas betrübt bestelle ich für den nächsten Morgen ein Auto zur 290 km entfernten Stadt Banda Lengeh am Persischen Golf.

Am Nachmittag dort angekommen, bin ich froh über diese Entscheidung. Viel gebirgige Wüstenlandschaft, trockene kahle Täler, selten Orte oder Oasen. Die Temperaturen sind im Küstenbereich noch höher, kaum Schattenplätze unterwegs. Hinzu kommt ein steifer südlicher Wind. Und wer stillt schon gerne seinen Durst mit Wasser, heiß wie in der Badewanne.

In Banda Lengeh versuche ich die Abfahrtszeiten der Fähre nach Dubai zu ermitteln. Gelingt mir nicht. Keiner spricht englisch, im Internet stehen nur alte Fahrpläne. Die Fährstation ist am Freitag (Feiertag) geschlossen. Am nächsten Morgen erfahre ich, dass die Schnellfähre für die nächste Woche bereits ausgebucht ist. Ich muss in die 175 km entfernte Stadt Banda Abbas fahren. Am Abend ist die Abfahrt. Hätte ich es gewusst wäre ich direkt dorthin gefahren. Beschwere mich nicht, bei wem auch. Bis auf die Schwierigkeiten bei der Verlängerung des Türkeiaufenthaltes ist es das einzige Missgeschick bisher und leicht lösbar.

Packe meine Sachen und zwänge mich und das Fahrrad in einen Minibus. Die Rückbank wird geräumt. Kostet natürlich pro Platz. Es geht entlang der felsigen trockenen Küste zum nächsten Fährhafen. Dort heißt es warten. Die angesagte Abfahrtszeit ist um 21 Uhr, die reale um 23 Uhr. Treffe einen deutschen Tramper, der ebenfalls nach Dubai reist. Im Fernsehen läuft das Spiel Iran gegen Argentinien. Die Männer schauen gebannt, Fußball ist Nationalsport.

Wehmütig blicke ich in die zunehmende Dunkelheit beim Verlassen des Hafens. Das „Willkommen in Iran“ werde ich vermissen. Die Iraner sind stolz auf ihr Land. Viele haben eine gute Bildung. Ich habe noch nie so viele freundliche und hilfsbereite Menschen getroffen. Bin noch nie so häufig eingeladen worden. Habe diese oft nicht angenommen, da ich nach der Fahrt müde war und meine Ruhe benötigte.
Manchmal war es ein wenig zu viel. Beim Radfahren hielten neben mir Autos und Motorräder. Sie blockierten mich fast. Nach Angabe von Herkunft und Namen fuhren sie meist weiter. Habe versucht immer freundlich zu bleiben. Bei anstrengenden Etappen oder wenn ich durch den starken Verkehr genervt bin ist das gar nicht so einfach.
Freiwillig keine Kinder zu haben ist für die Iraner unvorstellbar.
So freundlich wie die Iraner sind, wenn sie im Auto sitzen ändert sich etwas. Gebremst oder gehalten wird nur, wenn es nicht anders geht. Eine Straße kann ich nur überqueren mit Einberechnung des Bremsweges. Iran ist kein Radfahrerland, es gibt zu viele Autos und stinkende Lastwagen.
Vegetarier haben keine Chance. Kebab gibt es überall in den Restaurants, etwas anderes sehr selten, ohne Fleisch kein Gericht.
Deutschland ist ihr Traumland. Die drei wichtigsten Stichworte, die fast jeder kennt: Fußball, Mercedes und Hitler.

Der Islam scheint im Iran liberaler gehandhabt zu werden als in anderen muslemischen Ländern, trotz des Kopftuchzwangs.
Streng gläubige Frauen sind eingehüllt in ihren schwarzen Umhang. Sie binden das Kopftuch entsprechend. Andere tragen bunte Umhänge oder sind normal (nach meiner westlichen Vorstellung) gekleidet. Das farbige Kopftuch bedeckt nur unvollkommen die Haare.
Im Gegensatz zur Türkei wurde ich auch von Frauen oft angesprochen.
In der Öffentlichkeit treten Frauen-/Männergruppen getrennt auf. Auch bei Feierlichkeiten wird in getrennten Räumen gegessen und gesessen.