Gnadenlose Sonne.

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Jun 182014
 

DSC06710409. Reisetag

13.692 km

 

Um 5 Uhr morgens klingelt der Wecker. Noch ist es dunkel draußen. Es ist nicht meine Zeit, aber die Sonne lässt mir keine Wahl. Die Stadt schläft noch. Es ist kaum Verkehr auf den sonst vollen Straßen.

Bei morgendlichen angenehmen Bedingungen durchfahre ich in den ersten Stunden eine Ebene. Die Temperatur steigt und ich auch. Kratze ein letztes Mal im Iran an der 2000 m Höhenmarkte. Merke wie anstrengend das Bergfahren bei deutlich über 30 Grad wird.
Die Hitze macht mich schlapp. Ich entdecke neben der Straße eine offene Moschee und mache Pause. Ansonsten sind Schattenplätze rar in der baumlosen Landschaft.

Ich lege mich auf den Teppich und halte ein Schläfchen. Zwischendurch wird gebetet, Jugendliche spielen mit ihren Handys, Mitschläfer schnarchen. Am Ende bin ich wieder alleine. Wo eine Moschee ist, da gibt es einen Wasseranschluss. Der Kaltwasserhahn liefert leider nur warmes Wasser. Fülle trotzdem meine Flaschen auf.

Wundere mich immer, wie viele Gläubige, auch junge Männer, andachtsvoll ihre Gebete verrichten. Denke dabei an die leeren Kirchen in Europa. Was machen die Moslems anders?

Breche am späten Nachmittag auf und es ist heiß. Darf in Zukunft nur kurze Pausen machen. Nachmittags ist es für die Weiterfahrt zu warm. Vor mir liegen aber noch 20 km.
Es bleibt hügelig. Oben auf einem Bergkamm steht eine Burgruine. Etwas später sehe ich von der Straße aus den klotzigen Bau eines Tempels. Der Perserkönig Ardeshir (224–241) hat diesen nach dem Sieg über die Parther bauen lassen. Das Besondere daran: der Prototyp der persischen Kuppelbauten wurde hier erstmals umgesetzt. Ich mache einen Abstecher dorthin.
Bin froh nach 115 km mein Zielort Firuzabad zu erreichen. Die Dusche und ein klimatisierter Raum muntern mich auf.

Am nächsten Morgen lege ich wiederum einen Frühstart hin. Die Temperaturen sind mit 20 Grad um 6 Uhr erträglich. Fahre lange im Schatten der Berge, aber auch der verschwindet langsam. Bereits um 10 Uhr klettert das Thermometer auf meinem Tacho (in der Sonne) auf über 40 Grad. Warum fahre ich weiter und halte nicht ein Auto an. Falscher Ehrgeiz? Diesen Tag möchte ich noch durchhalten!

Eine Biene fliegt mir in den Mund. Spüre einen stechenden Schmerz in der Zunge. Glück gehabt mit der Zungenbarriere. Mit Wasser kühle ich den Mund.

Trockenes Land und abgeerntete Weizenfelder in den Tälern wechseln sich ab. Nur einmal ein sattes Grün, Reisfelder. Die kahle Bergwelt dominiert. Gegen Mittag verlasse ich die bergige Hochebene. Ich erreiche das Land der Dattelplantagen ­- sofern Wasser vorhanden ist.

Im Ort Qir mache ich zur Mittagszeit Rast in einem kleinen Park auf einer Wiese unter Bäumen. Hier könnte ich zur Not am Abend mein Zelt aufschlagen. Döse lange im Schatten. Es wird heiß und heißer. Das Thermometer zeigt 42 Grad (im Schatten). Alles wird heiß, nicht nur das Wasser, die Bananen in meiner Tasche, auch ich. Muss ab und zu eine Handvoll von dem heißen Wasser auf mein Gesicht schütten. Oh Wunder der Physik, wie schön das erfrischt – für kurze Zeit.
Am späten Nachmittag gesellen sich zwei Kinder zu mir. Der eine bietet im gebrochenen Englisch an, mir kaltes Wasser zu besorgen. Ich freue mich darüber und erhalte eine Flasche gefrorenes Wasser. Er lädt mich zu sich nach Hause ein, sie haben kühle Räume. Er ist ein Kind, kann er mich so einfach einladen? Ich komme trotzdem mit, denn draußen ist es kaum auszuhalten.

Freudig überrascht bin ich über den herzlichen Empfang in der Familie, als wäre ich erwartet worden. Zwei ältere Brüder begrüßen mich. Die Mutter, farbenfroh gekleidet, und Tochter geben mir die Hand – allgemein ist das nicht üblich ist. Der Raum wird von einer Klimaanlage gekühlt. Fühle mich wohl und willkommen. Mit einem der Brüder unterhalte ich mich im gebrochenen Englisch. Er und seine Schwester (sind wohl so zwischen 20 bis 24 Jahre) sind bereits verheiratet. Alle wohnen aber noch jeweils bei den Eltern. Erfahre jetzt auch, dass der andere Bruder mich vorher auf der Wiese bereits eingeladen hatte und ich nicht darauf eingegangen war. Kann mich nicht einmal daran erinnern, trübt die Hitze den Geist. Werde aber auch sehr häufig angesprochen.
Beim Abschließen des Fahrrads stelle ich fest, dass es um 20 Uhr noch 37 Grad hat.
Der Vater kommt spät von der Arbeit. Er ist Lehrer und Teppichhändler.
Ich esse zusammen mit der Familie zu Abend, dabei wird Fußball (Belgien-Algerien) geschaut. Zum Schlafen bekomme ich einen extra Raum angeboten. Die anderen rücken dafür vermutlich zusammen. Ist mir unangenehm, kann es aber nicht ändern.

Ich erkläre, dass ich am nächsten Morgen um 5 Uhr aufstehen möchte, damit ich zur Mittagszeit mein Ziel erreichen kann. Wasser und Frühstück wird für mich in den Kühlschrank gestellt. Vater und Mutter sind trotz der frühen Stunde bereits auf und bieten mir noch einen Tee an.

Die ersten zwei Stunden der Weiterfahrt sind angenehm, danach schlägt die Hitze zu. Der Entschluss steht fest, ab nächsten Tag nehme ich ein Auto oder Bus. Schlappe richtig ab. Das Thermometer steigt auf über 50 Grad – in der Sonne. Da es keinen Schatten gibt, muss ich es auch aushalten. Ich bin kein Cola-Trinker. Bringe mich aber damit bei meiner Ankunft zur Mittagszeit etwas zu Kräften. Verspürte eine Lust danach.
Im Ort Konj gibt es glücklicherweise ein Hotel. International steht groß über dem Eingang und viele Flaggen stehen im Foyer. Englisch wird nicht verstanden.
Den Nachmittag verbringe ich schlafend und blogschreibend im gekühlten Zimmer. Einen Internetanschluss gibt es nicht.