Der Fahrradfahrersammler.

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Mai 112014
 

20140510_103700371. Reisetag

12.281 km

 

Die Türkei war für mich ein Schlemmerland, im Vergleich zu Iran. Kaum Essenslokale, frugales Abendessen und Frühstück. Vegetarisch werde ich nicht über die Runden kommen.

Ich vermisse das geschäftige Leben auf der Straße, auch die Teestuben gehörten dazu. In den kleineren iranischen Städten wird abends der Bürgersteig hochgeklappt.

Der morgendliche windstille Tag beginnt mit einer 30 km Bergfahrt mit mäßiger Steigung. Straße gut, mit kleinem Seitenstreifen, viel Pkw-Verkehr und karges bergiges Umland.
Es ist Freitag, was bei uns dem Sonntag entspricht. Die Familien fahren hinaus zum Picknicken, oft direkt neben der Straße. Ich werde zum Tee eingeladen. Zeige mein Blatt, in dem alles über mich auf Farsi steht. Verwunderung/Unverständnis, weshalb ich das mache. Beim Abschied wird mir Geld angeboten. Mein klares Ablehnen hat zum Glück Erfolg.

Gegen Mittag, oben auf einer Hochebene schlägt wieder der Wind zu, so für eine Stunde. Ein kurzer Regenguss, schluckt in dann wieder – das gefällt mir. Den Berg hinunter in die Stadt Marand kann ich mich rollen lassen. In diesem Ort gibt es kein richtiges Hotel. Im Internet habe ich bereits von Akdar gelesen, er sammelt Fahrradfahrer. Hoffe also dass er auf mich stößt. Klappt nicht direkt. Zwei junge Männer vor einem Laden winken mir zu. Ich halte an und frage nach einer möglichen Unterkunft. Sie telefonieren. Mein Fahrrad wird auf einen Pickup geladen und wir fahren zu einer Art Festhaus. Unten kann gefeiert werden, oben gibt es einige Schlafräume. Ich beziehe mein Zimmer. Kurze Zeit später klopft es und Akdar steht vor der Tür. Ich bin Nummer 350 (in diesem Jahr) in seiner Sammlung. Er zeigt mir Bilder von diversen Radlern. Gibt mir Tipps für Warm-Shower-Unterkünfte in anderen Städten. Radfahrer können dort bei Privatpersonen kostenlos übernachten. Am nächsten Morgen lädt er mich zum Frühstück ein und besorgt mir eine iranische Simkarte.

Die Weiterfahrt beginnt gleich mit einer Bergtour gegen den Wind mit zunehmendem Verkehr. Die letzten 40 km ist es ein Fahren auf einer vielbefahrenen Autobahn mit Seitenstreifen und es gibt viele Lkw-Stinker. Ist also nicht immer ein Vergnügen.

Bei meiner Ankunft in Täbris telefoniere ich mit Hamid, ein Warm-Shower-Gastgeber und früherer Profiradler. Wegen einer Knieverletzung kann er nicht mehr fahren. Er wohnt wegen der schwierigen ökonomischen Situation im Iran wieder bei seinen Eltern und kann Radler dort nicht unterbringen. Wir treffen uns und er zeigt mir mitten in der Stadt in einem kleinen Park einen Platz zum Zelten – nur für Traveller. Dort zelten bereits 4 Radler. Ich treffe Tom wieder, mit dem ich einige Tage in der Türkei unterwegs war.
Anfangs ist mir gar nicht nach Zelten zumute, denn es regnete. Habe meinen Bequemlichkeitsschweinehund beiseite geschoben. Gesellschaft zu haben ist auch schön.

Hamid gibt mir nützliche Erklärungen. In einem Sportcenter in der Nähe kann ich duschen, schwimmen und eine sehr heißer Sauna besuchen. Schlechten WiFi-Empfang habe ich bei einem Hähnchenbrater.
Er fragt mich, ob es in Berlin sehr gefährlich für Ausländer ist. Bei der Gastfreundlichkeit hier ist die Fremdenfeindlichkeit vieler Deutscher schon ein harter Brocken.

Am nächsten Tag fahre ich mit dem Bus zum großen Bazar. Im hinteren Busbereich sitzen die Frauen, vorne die Männer. Die meisten Frauen wickeln sich in ein schwarzes Tuch. Sehr unhandlich, eine Hand ist vom Chador immer gebunden. Wenige, meist die Jüngeren in den Städten, tragen auch nur Kopftuch. Im Bazar sind alle Händler Männer.

Ich verirre mich in den vielen Gängen. Es bewahrheitet sich, der Verirrte läuft im Kreis. Werde immer wieder zum Tee eingeladen und mir werden Süßigkeiten angeboten. Die Menschen sind unvorstellbar freundlich.

In einem Keller werden Messinggefäße galvanisiert und poliert, harte Arbeit bei schlechter Luft.. In kleinen Räumen werden Schuhe hergestellt. Jede Werkstatt ist auf ein Modell spezialisiert.

Am Abend gewittert und regnet es wieder heftig. Der Blog wird nicht mehr beim Hähnchenbrater ins Netz gestellt.