11.084 km
… wäre fast in den Fluten des naheliegenden Euphrat-Stausees für immer versunken. Der angestaute Eupfrat hat die wichtige antike Stadt Zeugma unter Wasser gesetzt. In letzter Minute konnte man Notgrabungen durchführen und die schönsten Bodenmosaiken retten. Der Sohn des Hewlett-Packard-Gründers, David Packard jr. hat dafür einige seiner Millionen Dollar sinnvoll eingesetzt. Somit konnte man 45 Mosaike retten, davon 22 fast unversehrt. Diese habe ich mir im Museum in Gaziantep angeschaut.
Zeugma soll zur Blütezeit an die 80.000 Einwohner gehabt haben. Zerstört wurde die Stadt im 3. Jahrhundert n. Chr. durch die Sassaniden (Perser). Dann hat wohl ein Erdbeben einen Hangrutsch verursacht und große Teile der Stadt verschüttet. Das hat die Mosaiken über die Zeit gerettet. Fast 2000 Jahre alt wirken sie plastisch und lebendig. Die schönsten griechischen Mythen haben sich die Römer damals in ihre Luxusvillen legen lassen.
Zwei Tage vor dem Museumsbesuch habe ich Göksun verlassen. Die anfängliche morgendliche Kälte wird durch den ersten Anstieg verdrängt. Die vierspurige Straße schrumpft auf zwei, leider bei recht regem Verkehr. Anfangs schaue ich ins Tal hinunter. Bald schon durchfahre ich kahle Felslandschaften. Auf der Passhöhe werden essbare Blatttriebe verkauft. Sie sehen aus wie junge Lilienschösslinge und werden hier im Bergland gefunden.
An diesem Tag verlasse ich das anatolische Hochland. Mein Tagesziel liegt auf 560 m Höhe und 800 m tiefer als mein Übernachtungsort Göksum. Die Abfahrt bleibt aber hügelig, so dass am Ende wieder 1000 Höhenmeter zu fahren waren.
Unten im Tal wird es warm. Der Frühling ist hier weit fortgeschritten. Die Bäume sind grün, der Weizen bildet bereits Ähren.
Die Hochhaussilhouette der Stadt Kaharanmaras liegt auf einer Anhöhe und ist von weitem zu sehen. Acht Kilometer durch diese Siedlungen fahre ich um endlich die Altstadt zu erreichen. Zentral finde ich meine Unterkunft.
Wenn ich ankomme, ist mein Tagessoll noch lange nicht erfüllt. Am Liebsten würde ich ein kleines Schläfchen halten. Auf der anderen Seite möchte ich von der Stadt etwas sehen bevor es dunkel wird. Ich dusche und mache mich ausgehfertig. Auf meinem Weg durch die Gassen folge ich dem Geräusch eines gleichmäßigen Hämmerns und lande im Metallverarbeitungsviertel. Ich fühle mich in eine andere Zeit versetzt. In einem Kellerraum werden Hufeisen geschmiedet. Große Bottiche werden aus Blech gehämmert, Verzierungen in kleinere eingeschlagen. Messer werden kalt geschmiedet und geschliffen. Überall kann ich problemlos in die Werkstätten hineinschauen. Bekomme manchmal sogar einen Tee angeboten.
Nach dem Abendessen bin ich weiterhin beschäftigt. Lade die Tagesfotos von der Kamera auf den Computer, sortierte, bearbeite und verkleinere die Bilder für den Blog. Danach schreibe ich den Tagesbericht. Diese Arbeit fällt mir am Schwersten.
In der Nacht höre ich Regen gegen das Fenster klopfen. Der Morgen beginnt trübe und regnerisch. Nach dem Blick über das Teeglas beim Frühstück auf die nasse Straße möchte ich am liebsten einfach sitzenbleiben. Einen Ruhetag habe ich aber erst im nächsten Ort vorgesehen.
Wieder auf dem Rad legt sich die Unlust. Der Regen hat aufgehört, nach einiger Zeit kommt sogar die Sonne durch. An diesem Tag ist es ein Fahren auf der Autobahn mit wenig Verkehr. Ich habe meine eigene (Stand-)Spur. Die Autos brausen vorbei, muss sie aber nicht beachten. Träume ein wenig und schaue in die Landschaft. Die Hälfte der Tagesstrecke ist (fast) flach. Ich durchfahre breite landwirtschaftlich genutzte Täler. Danach geht es wieder hoch in die Berge, immer auf der vierspurigen Straße mit breiter Standspur.
Nach dem Durchfahren eines Wohnblockgürtels erreiche ich das Zentrum der Stadt Gaziantep. Merkwürdigerweise sind die Hotels alle ausgebucht, brauche etwas länger um eine Unterkunft zu finden. Gönne mir diesmal ein Nachmittagsschläfchen, denn ich bleibe einen weiteren Tag.
Am Abend etwas außer Linsensuppe zu finden ist nicht einfach. In den Restaurants gibt es nur Döner, Kebab und als Spezialität eine Hammelkopfsuppe.
Gaziantep ist berühmt für seine Pistazien. Entsprechend viele Läden gibt es, auch mit den daraus hergestellten honigtriefenden Süßigkeiten.
Am nächsten Tag mache ich den obigen Museumsbesuch. Danach durchstreife ich das große Bazarviertel. In den vielen Läden mit Bergen von Kleidern sehe ich nur den gelangweilten Verkäufer drinnen oder davor sitzen.
Wie in der vorherigen Stadt höre ich das Klopfen und finde in den Nebengassen die kleinen metallwarenverarbeitenden Betriebe. Das Hineinschauen in die Werkstätten bereitet mir ein besonderes Vergnügen.