Verlassene Stadt und steinernes Grab.

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Feb 142014
 

DSC01347285. Reisetag

 

Neun Kilometer von Fethiye entfernt liegt die ehemals griechische Stadt Karymlasso – eine Geisterstadt mit hunderten verlassenen Steinhäusern. 1923, nach dem türkisch-griechischen Krieg, mussten im Rahmen des Bevölkerungsaustausches alle osmanischen Christen das Land verlassen. Im Gegenzug kamen griechische Muslime. Davon gab es deutlich weniger. Zurück blieben leere Städte wie diese hier. Der Ort steht unter „Denkmalschutz“. Er ist ein Mahnmal für den Frieden und die Partnerschaft zwischen der Türkei und Griechenland.
Mit einem Dolmus fahre ich am Vormittag dort hin. Die steilen Berge rundherum verleiten nicht zum Fahrradfahren.

Vor mir am Hang liegt eine Ruinenstadt. Die Dächer sind eingestürzt, zerfallende Mauern ragen nach oben. Das starke Erdbeben von 1958 hatte den Zerstörungsprozess noch beschleunigt.
Auf einem Trampelpfad wandere ich am Hang entlang. Es ist ein bedrückendes Gefühl sich vorzustellen wie viele Menschen hier fast alles verloren haben.
Wie mag es vor 90 Jahren ausgesehen haben? Die Häuser standen dicht an dicht, oft mit einer Umrandungsmauer eines kleinen Innenhofes. In den Hausruinen ist manchmal der Schornstein mit Feuerstätte teilweise erhalten. Das war wohl die Küche. Die blaue typisch griechische Farbe an den Fensterumrandungen kann ich ausmachen. Zwei orthodoxe Kirchen sind als solche zu erkennen. Reste der christlichen Wandmalereien lassen sich erahnen. Feuchtigkeit und Flechten zusammen mit den verwitterten Malereien haben im Innenraum neue Farbvarianten geschaffen.

Unterhalb des Hanges in einer Ebene liegt ein weitläufiger türkischer Ort mit vielen grünen Feldern. Da in der Saison viele Touristen den Ort besuchen gibt es Einkehrmöglichkeiten. Ich esse einen Gözleme (türkischen Pfannkuchen) mit Kartoffelfüllung. Schmeckt ausgezeichnet.
Halte den stündlich fahrenden Dolmus an, der mich über die Berge zurück in die Stadt bringt.

Das Erdbeben von 1958 hatte auch die Stadt Fethiye schwer geschädigt. Sie ist danach neu aufgebaut worden und ist heute ein geschäftiger touristischer Küstenort. Der natürliche Hafen liegt am Rande einer breiten Bucht mit vielen kleinen Inselchen. Von hier aus unternehmen die Urlauber in der Saison ihre Segeltörns. Entsprechend viele und große Segelschiffe liegen am Pier. Zur Zeit herrscht noch Kundenflaute.

Beim Gang durch die Stadt höre ich Blasmusik und Trommelwirbel. Vor dem Büro der Demokratischen Partei stehen viele Menschen. Schilder mit Blumen und Sprüchen weisen auf einen Auftritt hin. Verteilt werden Getränke und Süßigkeiten.
Nebenan im Restaurant esse ich meine mittägliche Linsensuppe.

Immer wieder bin ich von der Freundlichkeit der Menschen berührt. Wenn ich mal stehen bleibe werde ich zum Tee eingeladen. Beim zweiten Besuch in einem Restaurant werde ich mit Handschlag empfangen. Gut, das mag auch geschäftliche Gründe haben.
Viele hatten in Deutschland gearbeitet. Nicht nur in den Touristenorten, auch auf dem Land wird oft Deutsch gesprochen.

Überall in der Stadt stoße ich auf merkwürdige lykische Steinsarkophage, die aus der Zeit 450 v. Chr. stammen. In den Felswänden nahe des Zentrums befinden sich viele Felsengräber. Das Schönste ist das Grab des Amyntas aus dem Jahre 350 v. Chr. Die Fassade eines Tempels wurde in die Felswand geschlagen. Dahinter verbirgt sich nur eine kleine Kammer. Die Felskammern und Sarkophage sind alle im Laufe der Jahrhunderte aufgebrochen worden. Lange suchen mussten die Grabräuber nicht. Die Gräber sind nicht zu übersehen.
Schon merkwürdig, dass ausgerechnet Gräber Jahrtausende überstanden haben.

Meine Weiterfahrt ist am Freitag geplant. Am Morgen regnet es sich ein. Die Tage danach bringen wieder Sonnenschein (laut Vorhersage). Was mache ich wohl?

Abgehoben.

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Feb 112014
 

DCIM100GOPRO282. Reisetag

9475 km

 

Der Himmel ist blau. Habe mich kurzfristig am Morgen entschieden in die Luft zu gehen – mit einem Tandem-Paragliding-Flug. Die nächsten Tage sind laut Wetterbericht nicht so geeignet dafür. Der geplante Besuch des großen Dienstagsmarktes in der Stadt fällt für mich aus. Märkte habe ich bereits viele gesehen.
Ganz in der Nähe von Fethiye ist ein geeigneter Berg fürs Paragliding, fast 2000 Meter hoch, im Winter startet der Abflug in gut 1000 Meter Höhe.
Die kleine Gruppe, drei junge Koreaner und ich, werden vom Veranstalter in ein Taxi gesetzt um zum Basisort zu gelangen. Die Fahrt mit dem wilden Taxifahrer ist angsteinflößend. Immer telefonierend fährt er wie ein Verrückter. Diese Tour nimmt mir die Angst vom späteren Flug. Der kann nur sicherer sein.

Am Basisort hinter einem Berg in Meereshöhe warten noch zwei weitere Mitflieger. In einem kleinen Bus werden wir und unsere Piloten nebst Flugwerkzeuge in die Höhe gefahren. Wir verschwinden in den Wolken.

An einem steilen Hügel ist es soweit. Helm auf, festgeschnallt auf einem Sitzrucksack und an meinem Piloten rennen wir einen steilen Hang hinunter. Der Schirm bauscht auf und bevor ich es richtig bemerke bin ich in der Luft. Erst noch stark schwankend, dann sehr ruhig gleiten wir dahin. Die Wolkenschicht ist bald durchbrochen. Das Meer mit seinen Küstenbergen und Inseln liegt unter mir. Ich schwebe und fühle mich gut. Habe mir noch mehr ein Gefühl von Leichtigkeit beim in der Luft sein vorgestellt. Das erlangt man dann wohl nur in der Schwerelosigkeit. Masse ist Masse, und diese wird von der Erde angezogen. Sitze aber bequem in meinem Gestell und schaue nach unten. Wir gleiten im großen Bogen kreisend nach unten. Fliegen noch einmal über den Ort und nähern uns dem Strand. Je näher wir kommen, desto mehr habe ich das Gefühl von Geschwindigkeit. Kurz vorm Bodenkontakt sausen wir dahin bis wir wieder ansatzweise laufend den Boden berühren und sofort stoppen. Es gibt einen Stoß, der von unserm Schirm gedämpft wird und kein Fallen.
Das wars, 20 Minuten nur mit einem Gleitschirm in der Luft zu sein – eine neue Erfahrung. Gut, dass ich es gewagt habe. Die Fahrt zurück in die Stadt ist weniger anstrengend, der Fahrer vernünftig.

Zum Abendessen suche ich mir auf dem Markt an einem Verkaufsstand einen Fisch aus. Mit diesem gehe ich in eines der Restaurants in der Nähe und lasse diesen zubereiten. Das ist eine tolle Sache und es bringt Spaß hier zu essen. Wenn mal Lust hat kann man eine kleine Musikgruppe buchen und sich für ein paar Lieder beim Essen bespielen lassen.

Die zwei Tage vorher waren nicht so ereignisreich. In Dalyan bin ich wegen Regen noch einen weiteren Tag geblieben. Nach sechs Frühlingstagen einen Regentag, da kann ich mich wirklich nicht beklagen.
Die Weiterfahrt nach Fethiye hatte ich mir einfacher vorgestellt. Nach dem Verlassen der Ebene ging es wieder kräftig in die Berge. Einen Tunnel mit Mautstation durfte ich mit dem Fahrrad nicht durchqueren. Musste so die Kuppe der Bergkette auf kleiner Straße überfahren. Weitere Bergfahrten folgten.

Zum ersten Mal spürte ich so etwas wie ein Ziehen oder wie Muskelkater in meinem linken Bein und hatte ein einbeiniges Gefühl von Müdigkeit. Und das nach fast sechs Tagen Pause in Dalyan. 700 Höhenmeter machten mir vorher keine Schwierigkeiten. Hoffe das verschwindet bei der nächsten Fahrt wieder.

 

 

Ein paar Tage Urlaub.

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Feb 082014
 

DSC00986279. Reisetag

9406 km

 

Morgens habe ich einen Grund etwas länger im Bett zu bleiben. Es ist draußen kalt. Etwas später auf der Dachterrasse des Hotel nehme ich mein Frühstück ein. Ich schaue über den Fluss auf die Felsengräber. Die Sonnenstrahlen wärmen mich. Ich bleibe lange sitzen, es ist gemütlich und schön.

Mein Tagesausflug führt mich an den Sandstrand – eine Landzunge, die vor dem verzweigten Flussdelta liegt. In Sommernächten legt hier die unechte Schildkröte Caretta Caretta ihre Eier ab. Einst sollte hier ein Hotelkomplex entstehen, Tierschützer hatten dies verhindern können.

Auf der Fahrt dorthin treffe ich zwei türkische Mountainbiker. Sie ändern ihre Tour und begleiten mich. Die Ebene ist von steilen Bergen umgeben. Wir fahren zunächst an den verzweigten Flussarmen entlang, die manchmal zu einem See werden. Dann geht es am Hang in die Höhe und wieder steil hinunter. Ich fahre am Sandstrand entlang, meine Begleiter wieder zurück. Am Ende dieser 4 km langen Sandzunge mündet der Fluss mit einer schmalen Öffnung ins Mittelmeer. Auf der Rückfahrt treffe ich einen Uferwanderer, ein Deutsch-Türke. Er reist zur Zeit mit in einem VW-Campingbus, der wiederum einer Türkin gehört, die ihn und noch drei andere mitgenommen hat. Von ihnen werde ich zum Essen eingeladen. Für mich einsamen Reisenden ist es zur Abwechslung mal ein geselliger Tag.

Meine nächste Tagestour geht zu einer Thermalquelle. Den Fluss überquere ich mit einer kleinen Fußgängerfähre. Am Berghang entlang fahre ich zum Köycegiz-See. In Seehöhe am steilen Hang befindet sich ein kleines Thermalbad mit schwefelhaltiger Quelle. Badehose und Handtuch habe ich vergessen, kann beides mir dort leihen. Das Thermalwasser ist heiß, 39 Grad. Bereits nach 10 Minuten muss ich den Pool verlassen – merke meinen Kreislauf. Mir wird schwindelig. Nehme nach einer Pause noch ein zweites Bad. Abtrocken soll ich mich nicht, sagten mir drei deutsche Damen. Schwefel ist gut für die Haut. Zurück bleibt ein schwefeliger Geruch, der sogar meine abendliche Dusche übersteht.

Auch der nächste Tag ist wieder frühlingshaft nach einem nicht zu frühen Aufstehen. Am Samstag ist Markttag in Dalyan. Wandele ein wenig darüber. Kaufe mir eine Nussmischung und getrocknete Aprikosen, die ich für den kleinen Hunger unterwegs gerne dabei habe. An einem Stand lasse ich mir von zwei Frauen einen mit Kartoffelmischung gefüllten Fladen zubereiten. Damit setze ich mich ans Ufer, trinke einen Tee und schaue aufs Wasser. Ab und zu fliegt ein Kingfisher (Eisvogel) mit schnellen Flügelschlägen darüber. Die leuchtend blaue Farbe kann ich trotz seiner Geschwindigkeit wahrnehmen. Er verschwindet im Schilf auf der anderen Seite.

Es ist Wochenende. Viele Ausflugsboote fahren auf dem Fluss. Touristen reisen mit Bussen von anderen Ferienorten oder von Kreuzfahrtschiffen an. Die Landschaft um Dalyan ist sehenswert.

Die Winterzeit ist wunderschön an der Küste. Im Sommer ist es nicht nur sehr heiß, Menschenmassen bevölkern die Straßen und Orte.

Dalyan.

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Feb 052014
 

DSC00969276. Reisetag

9353  km

 

Bin ein Schönwetterradler geworden. Der Himmel ist am Morgen grau, es regnet und sieht nicht nach aufhören aus. Bleibe einen Tag länger. Habe viel Zeit an der Küste. Bis nach Mersin, dem Einstiegsort ins Binnenland, sind es noch 850 km, möchte aber erst gegen Ende März dort eintreffen.
Das Warten hat sich gelohnt. Am nächsten Morgen scheint die Sonne. Das Fahren wird zum Vergnügen. Ein kurzes Stück Hauptstraße, dann zweigt meine Nebenroute ab, entlang dem Fuße einer Bergkette.

Es gibt zwei Landschaftsformationen. Die flache und fruchtbare Ebene, meist mit Orangenbäumen bewachsen, aber auch oft sumpfig. Ein Fluss schlängelt sich hindurch. Umrandet ist die Ebene von steilen, oft felsigen Bergen mit Kiefernbewuchs und Olivenbäume.

Ich fahre auf ebener Straße. Halte für einen Tee, sehe einem Imker zu wie er den Bienen Dampf macht. Auf die Ladefläche einen Lastwagen werden wieder kistenweise Orangen für die Fanta-Produktion gekippt. Der Saft der Orangenmatsche rinnt bereits durch die Ladefläche auf die Straße. Einer der Arbeiter spricht sehr gut deutsch. Im Winter hat er keine Arbeit in Deutschland, erst im Frühjahr wieder. So hilft er hier bei der Ernte.
Ich bekomme einen Tee angeboten und jede Menge Orangen geschenkt.

Vor einer kleinen Ortschaft kommt mir eine muntere Frauengruppe entgegen. Sie verteilen Werbematerial für die AKP in den Dörfern. Ende März sind Kommunalwahlen in der Türkei.
Ein Foto mit mir, der Gruppe und einem großen Kalender mit Erdogan drauf ist bereits im PC-Papierkorb abgelegt.

Die Ortschaft Dalyan liegt an einem Fluss. Vom Ufer des Flusses aus sehe ich auf der anderen Seite in den Fels geschlagene alte Königsgräber. Viele Boote liegen an der Promenade. In der Saison werden jede Menge Touristen zu den Ruinen der alten Stadt Kaunos, zum Strand, zu den heißen Thermalquellen und Köycegiz-See, den ich am Morgen verlassen habe, gefahren. Zur Zeit ist der Ort etwas ausgestorben, finde aber ein geöffnetes Hotel. Es ist kein großer Ort, er hat aber ein gewissen Flair. Von hier aus kann ich einige kleinere Fahrradtouren machen. Werde ein paar Tage bleiben.

Ein Ruderboot bringt mich am folgenden Morgen über den Fluss. Ich besuche die Ruinen der im 9. Jh.v.Chr gegründeten Stadt Kaunos. Die Bienen summen, es ist frühlingshaft und einfach schön. Setzte mich lange auf einen Säulenstummel und schaue hinunter auf ein verschilftes Flussdelta, das in der Ferne ins Mittelmeer mündet. Rundherum die hohen Berge.

Es gibt wieder das großes Theater, die Ruinen des Badehauses, die Säulenreste eine Tempelanlage und die Agora. In jüngerer Zeit gesellt sich dann eine christliche Kirche dazu. Alles wie bereits oft gesehen.
Oben auf dem steilen Berg ist die Akropolis, die alten Mauern sind noch erhalten. Mein Versuch dorthin zu gelangen scheitert. Ich finde keinen vernünftigen Weg nach oben, nur irgendwelche immer wieder verzweigenden Ziegenpfade, die immer steiler werden. Fast wäre ich auf ein frischgeborenes Zieglein getreten, es lag direkt auf dem Pfad. Zum Glück meckerte es. Ist wohl ein Ruf nach der Mutter gewesen, die vor mir reißaus genommen hatte.

Das Ruinengelände zieht sich bis hinunter an den Fluss und einem kleinen See. Einiges steht unter Wasser. Kleine Schildkröten schwimmen darin herum. Frösche quaken. Eine Schafsherde hält das Gras kurz.
Am Fluss sind mit Gitter Becken für die Forellenfischzucht abgegrenzt.