Izmir.

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Jan 052014
 
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Osmanischer Uhrenturm am zentralen Platz.

 245. Reisetag

 

Izmir wurde bereits 3000 v. Chr. gegründet und ist damit eine der ältesten Städte der Welt. In der Antike trug die Stadt den griechischen Namen Smyrna.
Und wie es so ist in den alten Städten, sie werden erobert, zerstört, neu aufgebaut und wieder erobert. Zwischendurch kommt ein Erdbeben und erneut ein Aufbau. Natürlich war Alexander der Große hier, dann die Byzantiner, die Osmanen und wieder die Griechen bis diese 1922 von Atatürk vertrieben wurden. Von all dem ist nur wenig zu sehen.

Es gibt noch eine antike Agora (Festplatz) aus der römischen Zeit mit Säulenkolonaden und Bögen. Diverse Bruchstücke liegen herum. Anschauen kann ich nur wenig, wegen Ausgrabungsarbeiten ist vieles abgesperrt.

Bei der Einfahrt nach Izmir hatte ich bereits die Ausdehnung der Stadt festgestellt. Mit 3,5 Mio. Einwohner ist Izmir die drittgrößte der Türkei.
Für mich ist es wichtig hier meine Aufenthaltsverlängerung für die Türkei zu erhalten. Die Ausländerpolizei (die dafür zuständig ist) finde ich schnell. Es herrscht kein großer Andrang wie in Istanbul und ich komme relativ schnell dran. Englisch wird verstanden, die Bürokratie bleibt aber. So muss ich mir eine Steuernummer besorgen (war nicht ganz einfach), 1000 Euro bei einer Bank (nicht Wechselstube, da hätte ich die Bescheinigungen) in Lira tauschen und 5 Passbilder abgeben. Für wie lange und wo wird mein Bildnis dann wohl 5-fach abgeheftet? Etwas mehr als 200 Euro kostete mich dieser Vorgang. Nach drei Wochen kann ich den Pass abholen. Werde von irgendwoher mit dem Bus anreisen. Immerhin am Vormittag habe ich alles erledigen können.
Für Samstag vereinbare ich noch einen Zahnarzttermin um einen abgebrochenen Zahn behandeln zu lassen. Soviel zu organisieren bin ich gar nicht mehr gewohnt. War richtig angespannt.

Denn Abend lasse ich in einer türkischen Kneipe ausklingen. Ein Musiker spielt auf einem Zupfinstrument und singt so etwas wie einen türkischen Fado dazu. Ein Fernseher zeigt Musikvideos, ein anderer die beliebten Pferderennen, zum Glück beides ohne Ton. Getrunken wird vor allem Raki mit Wasser oder Weißwein, dazu werden Kleinigkeiten mit viel Brot gegessen. Anwesend sind nur Männer, man kennt sich, die meisten sind etwas älter. Manche lassen noch beim Trinken die Perlen des Rosenkranz durchgehen.

Am nächsten Tag besuche ich den großen Kemeralti-Basar. Ein ganzes Viertel ist damit durchzogen. Unzählige Geschäfte bieten alles mögliche an. Werde oft auf Deutsch angesprochen und zum Tee eingeladen. Wir erzählen etwas über uns. Die Verkäufer sind nicht böse, dass ich nichts kaufe.
Der Muezzin von drei großen Moscheen auf dem Bazar ruft zum wichtigen Freitagsgebet. Viele Männer machen mit. Die Moscheen sind voll. Vor dem Eingang, auf den Gassen wird auf Matten und Kartonresten gebetet. Die Übertragung erfolgt durch Lautsprecher über weite Teile des Bazars.

Am späten Nachmittag tauchen auf den Bürgersteigen in der Stadt die mobilen Händler auf. Die Mehrzahl sitzt auf einem Hocker vor einem Pappkarton, auf dem 5 bis 10 Handys ausgebreitet liegen.
Ein Leben ohne Handy ist wohl nicht mehr vorstellbar. Sobald jemand sitzt, ob im Kaffee, Taxi oder der Lenker einer Pferdekutsche, da wird der Buckel krumm gemacht, der Blick geht nach unten.
Bei mir ist meine Handy bereits nach 30 Tagen wieder offline. Ich hätte auf eine türkische SMS reagieren müssen um mich zu registrieren. 14 Euro sind futsch, inkl. 1000 Frei-SMS.

Jeden Abend steht auf einer Nebenstraße ein Bus, aus dem kostenloses Essen verteilt wird. Die Menschenschlange davor ist lang.

Bei schönstem Wetter gehe ich am nächsten Tag entlang der Uferpromenade. Erst denke ich Schwäne kommen mir entgegen, aber irgendetwas ist anders. Zwei Pelikane schwimmen auf und ab in Ufernähe.
Am Nachmittag habe ich den Zahnarztbesuch. Der offene Behandlungsraum ist Anmeldung und Wartezimmer. Die nicht englisch sprechende Zahnärztin arbeitet ohne Helfer. Optisch sieht die Reparatur gut aus, hoffe der Zahn bleibt stabil. Die Behandlungskosten betragen 22 Euro.

Sonntag ist mein letzter Tag in Izmir. Ich schlafe etwas länger und habe kein Programm. Auf dem Bazar sind die meisten Geschäfte geschlossen. Ich spaziere noch einmal auf der belebten Uferpromenade. Setzte mich auf eine Bank und schaue dem Treiben dort zu.

Jahreswende 2013/14

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Jan 012014
 
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Weitere Hinweise aufs Neue Jahr sah ich nicht.

241. Reisetag

8753 km

 

Die erste Jahreswende auf meiner Reise erlebe ich ohne große Festtagsstimmung. Kein Knallen stört die Ruhe der Nacht. Beim Einkaufen am Abend sehe ich, dass die Menschen feiern wollen. Das Alkoholregal ist belagert.

Ich sitze in meinem Hotelzimmer und denke, was ich seit dem April erlebt habe. Meine Fahrt durch Frankreich liegt gedanklich schon sehr weit zurück. Es war regnerisch und eher kalt. Die intensive Zeit meiner Visionssuche mit den vier Fastentagen alleine in der Wildnis war etwas Neues und Tiefes für mich. Die Fahrt durch die Tarn- und Ardecheschlucht bildeten die landschaftlichen Höhepunkte. Drei Wochen Heimaturlaub in Bonn konnte ich wunderbar genießen, hielten mich aber nicht ab meine Tour fortzusetzen. Der heiße Sommer in Österreich machte mich ein wenig schlapp. Besonders die steile Überquerung der Alpen über den Sölkpass bei großer Hitze ließen mich an meiner Kondition zweifeln. „Neuland“ befuhr ich dann auf dem Balkan. Überrascht war ich über das pulsierende Leben in der serbischen Stadt Novi Sad. Rumänien habe ich gut zwei Monate beradelt und bin tief in die Geschichte Siebenbürgens eingetaucht. Gefreut hatte ich mich über den Besuch von Helmut, der mich fast einen Monat mit dem Rad begleitete. Die Überquerung der Karpaten auf der Transfagaraschen Hochstraße war eine kleine aber landschaftlich schöne Herausforderung.
Die bulgarische Küste genoss ich in einigen guten Hotels mit Seeblick, das Land durchfuhr ich aber relativ schnell. Seit Mitte November durchfahre ich die Türkei. Das quirlige Leben auf den Straßen der Städte, auch den kleineren, die Männergesellschaft in den Teestuben finde ich immer noch faszinierend. Der Ruf des Muezzin weckt mich am Morgen weiterhin.
Die Stadt Istanbul und der Besuch von Marie bildeten einen Höhepunkt der Reise. Mir war nicht bewusst wie geschichtsträchtig die Ägäisküste ist. Fast keine Touristen sind unterwegs. Durch die Ruinen der alten Städte wandelte ich alleine.
Die Straßenverhältnisse sind bisher in der Türkei hervorragend bei erstaunlich wenig Verkehr.
Der Sommer war heiß, die Zeit danach, mit Ausnahme des Schneeeinbruchs in Istanbul, zum Radfahren wunderbar. Der Dezember soll eigentlich nach Klimatabelle in der Türkei einer der regenreichsten Monate sein. Davon bin ich aber bisher verschont geblieben.
Bedrohliche und schwierige Situationen, auch auf der Straße, gab es nicht. Ich begegnete nur freundlichen Menschen.
Ich genieße das Fahren ohne Zeitdruck, halte an, bleibe oder fahre weiter – wie es mir gefällt. Ich lebe im Jetzt. Gestern und Morgen sind meist den Gedanken fern.
Bis auf meinen Schnupfen in Bukarest bin ich gesund geblieben.
Besonders danke ich Marie, dass sie mich mit Verständnis und ohne Vorwürfe hat fahren lassen.

Die Fahrt am Silvestermorgen erfolgt bei Sonnenschein auf der Küstenstraße durch flaches Land und hügelige Olivenbaumfelder, ab und zu mit Blick über die Ägäis. Als ich oben auf einem Hügel anhalte und zurückblicke sehe ich in einer Bucht wieder Flamingos im flachen Meerwasser stehen. Der Anblick dieser rosafarbenen Vögel ist für mich immer etwas Besonderes. Hatte in der Türkei nicht mit ihnen gerechnet. Mein Übernachtungsort Aliaga ist etwas langweilig. Gehe früh ins Bett und schlafe in das Jahr 2014 hinein.

In der Nacht hat es geregnet, das Neue Jahr fängt trübe an. Starte gemütlich um 10 Uhr. Neben der Straße werden auf einem Feld diverse Salatsorten geerntet. Gekostet habe ich nur Rucola. Die anderen Blätter kenne ich nicht.
Bis Izmir sind es an diesem Tag 60 Kilometer, erst Hügellandschaft, dann flach. Bereits 20 Kilometer vorher habe ich das Gefühl ich fahre schon in der Stadt. Industrieanlangen, Häuser und ein ständig zunehmender Verkehr. Die letzten Kilometer zu meiner Unterkunft kann ich zum Glück auf der Küstenpromenade zurücklegen. Dort fahren keine Autos, es sind aber viele Menschen unterwegs. Neujahr ist für manche ein Feiertag, auf dem Bau und sonstwo wird gearbeitet und die Geschäfte sind offen.