218. Reisetag
Kaum eine Stadt hat so eine lange Geschichte aufzuweisen. Seit fast 3000 Jahren leben Menschen im Byzanz der Griechen, dem Konstantinopel der Römer und schließlich dem Istanbul der Osmanen.
Als griechische Stadt Byzantion gegründet, stieg die Stadt zu einem bedeutenden Handelszentrum und schließlich unter dem Namen Konstantinopel zur Hauptstadt des byzantinischen Reichs auf. Im Mittelalter war sie die einzige Weltstadt Europas, und nach der osmanischen Eroberung wurde sie wieder zur größten Metropole Europas. Auch nachdem sie 1923 den Status der Hauptstadt verlor, und Pogrome Griechen und Armenier vertrieben, konnte sich die Stadt wieder erholen und ist heute das ökonomische und kulturelle Zentrum der weit über die Türkei hinausreichenden Region.
Unsere kulturellen Erkundigungen beginnen im Topkapı-Palast. Heute ist es ein Museum, eine Stadt in der Stadt. Dort lebte der Sultan mit seinen Ministern und Angestellten. Sultan Mehmet II. ließ ihn 1478 erbauen, um von hier aus die Politik des Osmanischen Reiches zu leiten. Etwa 4000 Angestellte lebten hier, weitaus mehr kamen täglich hinzu, um im Palast ihrer Arbeit nachzugehen. Die Frauengemächer, der Harem, wurden allerdings erst im 16. Jahrhundert gebaut. Der Palast, der von einer fünf Kilometer langen Mauer umgeben ist, gliedert sich in vier Höfe, die unterschiedliche Funktionen hatten.
Der Besuch ist etwas enttäuschend. Ausgestellt sind vor allem Schmuckstücke und Waffen. Als Einrichtungsgegenstände sehen wir die großen Betten des Sultans und einige Sofas. Die meist kahlen Räume sind blau gekachelt. Sie wirken ungemütlich und kalt, ein wenig wie das Wetter draußen. In jedem der vielen Räume, die zum Besuch freigegeben sind, steht mindestens ein Aufpasser.
Der Harem (kostet noch einmal extra Eintritt) bietet nur leere gekachelte Räume und einen Sultansraum mit großem Bett. Die Geschichten dazu klingen vielversprechender. Die Sultansmutter leistete die Vorarbeit und wählte dem Sultan aus der großen Schar bereits fünf Haremsdamen aus. Der Sultan winkte dann einer zu, die die nächste Nacht mit ihm verbringen würde.
Am nächsten Tag besuchen wir die Hagia Sophia (griechisch „Heilige Weisheit“, türkisch „Ayasofya“).
Als Kuppelbasilika errichtet, setzte sie im 6. Jahrhundert n. Chr. neue architektonische Akzente. Die Hagia Sophia, das letzte große Bauwerk der Spätantike, war die Hauptkirche des Byzantinischen Reiches und religiöser Mittelpunkt der orthodoxen Christen.
Nach der Eroberung von Konstantinopel im Jahr 1453 wandelte Sultan Mehmet II. Fatih (der Eroberer) sie in eine Moschee um. Die christlichen Wandbilder wurden übertüncht, das Gebäude durch vier Minarette erweitert. Schon im 19. Jahrhundert legte man einige der historischen Gemälde wieder frei. Atatürk schließlich wandelte die Moschee 1934 in ein Museum um, das beide Kulturen zeigt.
Wie auch im Topkapi Palast am vorherigen Tag besichtigen alle Istanbul-Besucher diese Bauwerke. Entsprechend herrscht auch in der Nebensaison ein reger Betrieb. Wir reihen uns ein.
Bautechnisch ist es etwa wie im Kölner Dom. Außen stehen Gerüste, innen ist fast der halbe Raum abgesperrt. Die Gerüste ziehen sich weit in die Höhe. Der riesige Innenraum mit Kuppelgewölbe ist trotzdem noch beeindruckend. An drei Seiten ist dieser umgeben von breiten Kuppelgängen. Auf einer Rampe können wir in eine Galerie auf halber Kuppelhöhe gelangen. Christliche Bildmotive als Mosaiken und islamische Symbole und Schriftzeichen stehen nebeneinander.
Den Abend lassen wir mit einem Besuch bei den tanzenden Derwischen ausklingen. Der „Sufisoul“ hätte etwas peppiger sein können, die Drehungen wären dann ein wenig schneller gewesen. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Veranstaltung um ein Gebetsritual.
Am nächsten Tag besuchen wir einige bekannte Moscheen. Für uns ähneln sie sich bis auf Größe und Teppichfarbe sehr.