Durch die Region Banat.

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Aug 292013
 
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Lugoj an der Timis.

115. Reisetag

5640 km

 

Trüber Morgen, in der Nacht hat es viel geregnet. Beim Verlassen von Timisoara herrscht reger Verkehr. Zum Glück biegen die meisten LKWs auf eine Hauptstraße ab. Auf meiner vermeindlichen Nebenstraße ist trotzdem einiges unterwegs.

Am Stadtrand werden neue Siedlungen gebaut. Manche sind fertig und bewohnt. Andere sind irgendwie in der Bauphase stehengeblieben und haben schon lange keinen frischen Mörtel mehr gesehen.

Die Landschaft ist flach, die Straße gerade, die Autos schnell. Vor den wenigen Kurven gibt es leichte Rillen auf der Straße, dann merken spätestens die müden Fahrer dass sie aufpassen müssen.
Große landwirtschaftliche Flächen werden nicht bearbeitet – im Gegensatz zu Serbien. Sind es noch ungeklärte Eigentumsverhältnisse oder wird die Landwirtschaft nicht so gerne betrieben?
Selten gibt es Pferdefuhrwerke auf der Straße. Hunde dagegen viele. Meist sind es arme Kreaturen, die Angst haben. Aber einige sind Hinterherrenner und -beller. Habe meinen „dog-dazer“ ausprobiert. Er sendet Ultraschallwellen aus. Klappt vorzüglich. Der Nachlaufer zieht sofort den Schwanz ein und verschwindet. Hoffe er funktioniert dann auch bei den bedrohlicheren Hirtenhunden in der Türkei.

Nach 35 km wird es hügelig. Durchfahre seit langem mal wieder einen kleinen Wald. Die Tagesetappe ist nicht weit, 65 km. Im der kleinen Stadt Lugoj finde ich eine Unterkunft. Laufe ein wenig durch die Stadt. Auch hier treffen sich die Herren zum Kartenspielen in einem kleinen Park. Höre mir eine Zeitlang den Singsang in einer koptischen Kirche an. Esse am Abend eine Pizza mangels sonstiger Ess-Alternative. Ein Gewitter zieht über die Stadt. Ich komme gerade noch trocken ins Hotel. Es regnet viel in der Nacht.

Wegen dem Gesumm der Mücken um mein Ohr herum schlafe ich nicht gut. Wundere mich am Morgen, dass ich keine Stiche bekommen habe. Mein gebuchtes Frühstück für ca. 5 Euro ist spartanisch. Dafür gab es in Timisoara ein gutes Abendessen inkl. Suppe.

Weiß noch nicht wo an diesem Tag mein Ziel sein wird. Eine planbare Unterkunft gibt es nach 110 km. Entscheide mich nicht auf der Hauptstraße sondern auf einer noch längeren Nebenstrecke zu fahren. Merke wie schön es ist, sich nicht auf den Verkehr konzentrieren zu müssen. Fühle mich sehr wohl. Selten fahren Autos an mir vorbei, da nehme ich die vielen Schlaglöcher gerne in Kauf. Ernähre mich unterwegs von den vielen Pflaumen. Die Bäume brechen unter ihrer Last teilweise zusammen. Fahre durch kleine Dörfer. Unterhalte mich mit einem jungen Schäfer. Verstanden haben wir beide zwar nur wenige Worte, macht aber nichts. Er hat gerade seine große Herde über die Straße getrieben. Aus seiner Tasche tönt Radiomusik. Mir scheint er mag die Arbeit, wirkt frisch und vergnügt.
Etwas später steht ein Hirte mit nur wenigen Ziegen am Straßenrand. Er trägt seinen Klapphocker mit sich herum. Auch wir wechseln ein paar unverstandene Worte.

Nach 45 km stoße ich wieder auf die Hauptstraße. Der Himmel hat sich zugezogen, die ersten Tropfen fallen. Wenig später im kleinen Ort Faget sehe ich ein Restaurant und Hotel. Bin mir nicht sicher ob beides in Funktion ist. Frage nach einem Zimmer. Bekomme als Antwort ein Kopfschütteln. Will gerade wieder hinausgehen. Ein jugendlicher Gast übersetzt meine Frage. Erhalte doch ein Zimmer, wurde nur nicht verstanden.

Timisoara.

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Aug 272013
 
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Auf dem Blumenmarkt.

113. Reisetag

5524 km

 

Timisoara oder deutsch Temeschwar (viele rumänische Städte haben auch deutsche Namen) ist nach Bukarest die zweitgrößte Stadt Rumäniens. Sie besitzt eine Universität und ist kulturelles und wirtschaftliches Zentrum der Region Banat.
Die rumänische Revolution gegen die Diktatur Ceausescus hatte ihren Ursprung in Timișoara. Die revolutionären Ereignisse breiteten sich von hier im gesamten Land aus und führten dazu, dass Ceaușescu 1989 gewaltsam gestürzt wurde.

Die Innenstadt ist geprägt von seinen Barock- und Jugendstil-Gebäuden aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie wird wegen der langen Zugehörigkeit der Stadt zu Österreich-Ungarn und der damit verbundenen Bauten aus der Kaiserzeit auch als „Klein-Wien“ bezeichnet.

Die Hochzeit ist lange vorbei. Die Gebäude sind grau geworden, Stuck und Putz fallen herunter, manche Häuser sind kaum noch bewohnbar. Das historische Zentrum soll aus ca. 15.000 dieser Bauten bestehen, nur einige sind renoviert und bringen etwas Farbe in die graue Stadt.

Es bringt Spaß die Stadt mit ihren unterschiedlichen Häusern zu erkunden. Ich versuche mir vorzustellen wie es wohl zur Blütezeit vor 100 Jahren hier gewesen ist.

Ob es damals auch schon so viele Tauben wie heute gab? Diese werden genügend gefüttert. Wenn nicht gefressen wird, sitzen und kacken sie herum. Man kann sie greifen. Kinder laufen mit ihnen herum.

Das heutige Stadtzentrum an der Piața Victoriei, besteht aus einem breiten Boulevard mit Geschäften und Straßencafés. Auf einer Stirnseite steht das Nationaltheater, am anderen Ende die rumänisch orthodoxe Kathedrale der Heiligen drei Hierarchen.

Beim Gang über den Markt am Sonntag sind nur vereinzelt Gemüse- und Obststände offen. Unterhalte mich mit einem deutsch sprechenden Melonenverkäufer. Wenn er 30 Melonen am Tag verkauft ist es ein gutes Geschäft. Der August ist bisher schlecht gelaufen. In der Abteilung Blumen herrscht rege Beschäftigung. Diverse Gestecke werden angefertigt, mit dem Schwerpunkt Trauerfall. In der Halle steht der schwere Geruch der Lilien. Im großer Kleidermarkt auf der anderen Flussseite kam ich mir fast vor wie im Basar in Istanbul. Nur das Sortiment ist ein wenig anders.

Gegenüber der Markthalle ist gerade ein orthodoxer Gottesdienst zu Ende. Die Kirche ist voll gewesen. Beim Hinausgehen kann sich jeder aus einer Schale eine Handvoll Brotwürfel mitnehmen. Diese werden gleich gegessen.

Am Nachmittag besuche ich einige der vielen Parkanlagen der Stadt. Die älteren Männer spielen Karten, Schach und Domino. Für die Unterhaltung speziell der Kinder ist am Sonntag gesorgt. Sie können Kanufahren, rutschen, schaukeln, wippen, sich bemalen lassen oder selber etwas malen.

Bisher wurde ich auf meiner Tour nie übers Ohr gehauen. Die österreichische Raiffeisenbank an ihrem Geldautomaten hat es geschafft. Ich bekam einen 10% niedrigeren Betrag ausgezahlt als in einer Wechselstube.

Meine Unterkunft ist recht einfach und klein. Die zwei Mehrbettzimmer sind voll belegt. Es gibt nur einen Private Room, in dem wohne ich. Die jungen Mitbewohner verbringen ihren Tag vorwiegend am Computer und Smartphone, seltener mit einem Buch, nachts geht’s in die Disco.
Keine 5 Minuten von meiner Unterkunft entfernt ist ein vegetarisches Restaurant mit vorzüglichem Essen.

Die Hitzewelle scheint vorbei zu sein. Es regnet häufiger und die Temperaturen gehen zurück.

Habe in dieser Stadt viele Gebäude fotografiert. Hoffe es wird nicht langweilig. So eine Fülle von interessanten Häusern habe ich noch nie gesehen.

 

Nach Rumänien.

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Aug 232013
 

DSC01464108. Reisetag

5524 km

 

Von Novi Sad nach Timisoara sind es 160 km. Leider muss ich die Strecke auf einer stark befahrenen Straße fahren. Es gäbe auch weniger befahrene Straßen nach Rumänien. Die Grenzstationen dort sind leider geschlossen.

Sobald ich Novi Sad verlassen habe fängt es an zu nieseln. Dieser geht in einen länger anhaltenden Regen über. Zum ersten Mal seit ich vom Bodensee unterwegs bin ziehe ich meine Regensachen an.

Auf flacher Straße fahre ich entlang von riesigen Mais- und verblühten Sonnenblumenfeldern. Orte gibt es nicht. Ganz selten sehe ich kleine Gehöfte.

Nach 50 km erreiche ich die Stadt Zrenjanin, die einzige Möglichkeit für eine Übernachtung auf meinem Weg nach Timisoara. Es hört gerade auf zu regnen.

Halte am Eingang der Stadt um mich zu orientieren. Werde auf Englisch von einem Mann angesprochen und zu einem Kaffee eingeladen. Er ist begeisterter Rennradfahrer und arbeitet als Fahrradmechaniker. Wir fahren in die Stadtmitte. Bin überrascht nach den eher tristen Vororten ein schönes Zentrum zu sehen. Eine autofreie Straße zieht sich als Fußgängerzone hindurch. Direkt daneben ein Hotel in dem ich mich einquartiere.

Am Abend revanchiere ich mich für den Kaffee mit einer Essenseinladung. Unsere Unterhaltung auf Englisch ist nicht ganz einfach. Verstehe in etwa, dass seine Eltern in Tübingen arbeiten und er sie demnächst besuchen wird. Er besitzt ein Haus in der Stadt, hat zwei Kinder.

Am Morgen bietet das Hotel ein erstaunlich umfangreiches Frühstücksbüffet. Bin leider nicht sehr hungrig. Der Kaffee ist mir wichtiger.

Um 8 Uhr bin ich bereits auf der Straße. Durchfahre einige kleine Orte. Zwischen den Häusern kann ich bei offenem Tor in die Höfe schauen. Sie sind oft gut ausgestattet mit einigen Traktoren und manchmal einem Mähdrescher. Bringe trotzdem die riesigen Felder nicht in Verbindung zu den kleinen Höfen.

Die Landschaft ist flach, keine Wälder, nur Felder und vereinzelt Wiesen. So stelle ich mir die Pusta vor. Wenn ein Feld gepflügt ist kommt die schwarze Erde zum Vorschein. Feldarbeiten sehe ich sehr selten. Der trockene Mais oder die schon lange verblühten Sonnenblumen müssten doch geerntet werden.
Unterwegs stärke ich mich an Zwetschen, die ich am Straßenrand pflücke. Sie sind erfrischend und neben einem Joghurt meine einzige Nahrung über Tag.

Am frühen Nachmittag erreiche ich die rumänische Grenze.

Nach der Grenze ändert sich nicht viel. Die Häuser sind in etwas schlechteren Zustand als in Serbien. Es gibt häufiger brach liegende Felder, von der Straße aus sehe ich manchmal eine Industrieruine.

Die Straße bleibt eben und grade. Die Autos und LKWs rasen an mir vorbei.

Keine Wolken am Himmel schützen mich vor der Sonne. Auch sonst sind Schattenplätze selten. Wie schön doch der Regen am Vortag war. Es ist unangenehm heiß. Außerdem bläst seit dem Vormittag eine kräftige Brise aus Nordost, meine Fahrtrichtung.

Bin froh und etwas geschafft als ich gegen 17 Uhr in Timisoara einfahre. Finde mitten im Zentrum ein Hostel mit Einzelzimmer, nicht ganz so komfortabel wie in Novi Sad.

Novi Sad.

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Aug 212013
 
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Blick von der Festung auf Novi Sad. Da die Stunde wichtiger ist als die Minute ist der Stundenzeiger der längere.

106. Reisetag

5365 km 

 

Nach dem Überqueren der Donau verlasse ich die bergige Seite der Donau und wechsel zur flachen. Alle Ortsschilder sind in Serbien zweisprachig, kyrillisch und lateinisch. Sonnenblumenfelder sind verschwunden. Im saftigen Grün sehe ich in der eher trockenen Umgebung viele Möhrenfelder. Sie werden aufwendig bewässert.
Die Häuser sind in den Ortschaften nicht mehr so gereiht an der Straße. Ich meine sie sind in einem besseren Zustand als in Kroatien. Kleinere und mittelgroße Werkstätten (meist fürs Auto) und Industrieanlagen gibt es häufiger. Direkt an der Donau entstehen neue Siedlungen.

Anfangs fahre ich auf der Hauptstraße, bald kann ich auf einen Donaudamm abbiegen.
Es ist sehr heiß und das Ziel nicht mehr allzu weit. Ich suche mir zur Mittagszeit ein schattiges Plätzchen und schaue auf die Donau. Eine Fähre kommt vom weit entfernten Ufer sehr langsam auf mich zu. Sie besteht aus einem recht alten Schiff (zum Antrieb) und einer Pontonplattform. Werde auf Deutsch von einem Motorradfahrer angesprochen, der auf die Fähre wartet. Er lebt und arbeitet in Wien, ist gebürtiger Bosnier. Macht eine Rundfahrt und besucht seine ehemalige Heimat.

Auf dem Damm fahre ich weiter nach Novi Sad, der zweitgrößten Stadt Serbiens und Hauptstadt der Provinz Vojvodina. Es ist ein angenehmes in-die-Stadt-fahren, nicht durch endloser Industrieanlagen sondern auf dem Flussdamm.

Direkt im Zentrum finde ich in einem Hostel einen Private Room (Einzelzimmer). Um die Ecke ist die Fußgängerzone und ein indisches Restaurant. Bin zufrieden mit meiner Wahl und bleibe drei Tage.

Den Mittelpunkt der Stadt bildet der Platz der Freiheit „Trg slobode“, auf dem früher der Markt stattfand. Jetzt ist es das Zentrum mit Sitzbänken, vielen Cafés und Fußgängerzone mit den typischen Ladenstraßen. Am zentralen Platz steht das Rathaus und die große katholische Kirche (obwohl die Katholiken gegenüber den Orthodoxen in Serbien in der Minderheit sind). In der Kirche sehe ich zum ersten Mal unter jeder Kirchenbank eine Heizung. Als Minderheit muss man einen guten Service bieten. Die orthodoxe Kirche steht etwas abseits. In ihr gibt es weder Bänke noch Stühle.

In der Stadt herrscht reger Betrieb. Gruppen von Kreuzfahrschiffen auf der Donau werden durchgeführt. Besonders abends sind viele Menschen unterwegs. Musikgruppen spielen. Die Läden haben lange geöffnet.

Bei meinen Rundgängen komme ich an einer großen alten Synagoge vorbei. Mit dem traurigen Hintergrund, dass in ihr im Zweiten Weltkrieg Juden inhaftiert waren, bevor sie weiter ins Konzentrationslager deportiert wurden.

Öfters stoße ich auf kleine Markthallen in den Vierteln. Sie kündigen sich an, wenn auf der Straße Einzelverkäufer bereits diverse Waren anbieten. Es macht mir Spaß darüber zu laufen und zu schauen.

Je weiter ich mich aus dem Zentrum entferne, desto häufiger ist die Schrift nur noch Kyrillisch. In der Schule wird Kyrillisch als erstes gelernt, etwas später folgt die lateinische Schrift. Die Serben können also den gleichen Text in beiden Schriftarten lesen. Ist das nun zweisprachig?

Die Häuser in der Stadt sind alt und schön renoviert, es gibt Plattenbauten, moderne Häuser aber auch viele alte einstmals schöne Häuser, die bitter nötig renoviert werden müssten um sie vor dem Verfall zu schützen.

Kriegsschäden sehe ich keine mehr – im Gegensatz zu Kroatien, obwohl die Stadt Ziel von NATO-Luftangriffen wurde.

Höhepunkt meiner Stadtbesichtigung ist wortwörtlich die Petrovaradin Festung, die als Wahrzeichen Novi Sads Donau und Dächer überblickt. Sie liegt auf einem Hügel zur Rechten des Flusses und bietet eine wunderbare Aussicht. Es ist eine riesige Anlage mit diversen Wällen und Gräben. Im 17. Jahrhundert war es die größte Festung Europas.