Kurs gen Westen

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Apr 202013
 


DSC004866. Reisetag

575 km

 

Die Strecke der Nacht: ein Wildschwein, ein Dachs und ein Waschbär. Die Autojagd war erfolgreich gewesen. Alles Tiere die wir sonst kaum sehen.

Ca. 20 km fahre ich auf eher belebter Straße weiter an der Mosel entlang. Kurz vor Nancy beginnt dann mein Weg gen Westen quer durchs Land Richtung Orleans an der Loire. An dieser fahre ich weiter zum Atlantik. Die Route auf kleinen Straßen hatte ich mir ausgearbeitet. Alle Straßen in Frankreich sind mit Nummern gekennzeichnet. Wenn diese auf der Karte und der Realität übereinstimmt fahre ich richtig. Das ist einfach.
Große Städte sind selten zu durchfahren. Komme durch viele kleine Dörfer. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Kaum Neubauten, viele sehr alte Häuser, manche am Zerfallen.

Die Landwirtschaft dominiert. Große Felder und Äcker auf oft steinigen Böden.

Kühe weiden nach Farben sortiert – in weiß, braun, schwarz getrennt. Nur beim Fleckvieh sehe ich eine Mischung mit braun und schwarz. Ein Traktor pflügt das Feld neben der Straße. Die frische feuchte Erde riecht fett.

Auf vielen Bäumen sehe ich Misteln. Überall wachsen Schlüsselblumen in Mengen. Auf den Feldern, am Wegesrand und im Wald. Erinnere mich an meine Kindheit. Hatte mit Freuden davon Sträuße gepflückt. Sie wuchsen nur an einem bestimmten Ort.

Die Ortschaften sind klein. Herbergen oder Zeltplätze nicht zu finden. Nach 120 km werde ich müde und schaue mich nach einem günstigen Platz im Wald um. Dann finde ich doch eine Herberge mit dem verheißungsvollen Namen „Moulin Rouge“. Ist leider kein anrüchige Unterkunft. An der Bar sitzen vier Männer, zum Essen gibt es nichts, die Federkerne der Matratze sind in der Nacht deutlich zu spüren. Ein Essenproblem gibt es für mich nicht, da ich bereits für die geplante Waldunterkunft Baguette und Käse gekauft habe.

Am nächsten Morgen hatte sich der Wind gedreht. Anstatt gegen mich (wie in den letzten Tagen) bläßt er von Nordosten. Kann zum ersten Mal richtig zügig fahren.
Im Bade- und Waschhaus eines Dorfes ist das Wasser lange nicht mehr bewegt worden. Ob die Gillot Firma bereits 1947 ihr Ende vorausgesehen hatte? Die Fachwerke in vielen Häusern sind in der Region sehr eng angelegt. Dazwischen in alten Häusern noch Lehm.

Das Gelände ist nord-süd-mäßig ausgerichtet. Die Flüsse – Meuse, Marne u.a., viele Kanäle und Bäche halten sich daran. Entsprechend geht es in einer ca. 20-30 km Regelmäßigkeit auf und ab. Oben ist meist hügeliges Ackerlandschaft, in den Flusstälern Wiesen.

Der Frühling ist nicht mehr aufzuhalten. Aus Knospen werden Blätter, der Raps bekommt die ersten gelben Blüten, habe die ersten Schwalben gesehen und den Kuckuck gehört.

Heute die letzten 45 km auf einem Radweg entlang eines großen Stausees und Kanals nach Troyes gefahren. Übernachtet habe ich in der Jugendherberge.

 

Abschied und Weiterfahrt entlang der Mosel

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Apr 182013
 

DSC004754. Reisetag

355 km

 

Die Ruine der Burg Ramstein ragt in den Himmel. Die Ruhe und Naturnähe des Kylltal ist hin sobald wir das belebte Moseltal erreichen. Autostraßen und Eisenbahnlinien erzeugen Lärm. Der Radweg wird durch Industriegebiete geleitet. Wir erreichen die Altstadt von Trier am späten Vormittag. Mittags heisst es Abschied von Marie zu nehmen. An die neue Situation muss ich mich gewöhnen. Die Fahrt zu Zweit hatte ich sehr genossen.

Jetzt geht es alleine weiter die Mosel hinauf bis kurz vor Nancy.

Ein Schwan baut sein Nest direkt am Radweg. Nach Wasserbillig in Luxembourg verschwinden die landschaftlichen Reize. Fahre auf einem breiten Streifen entlang einer Straße mit mäßigem Verkehr. Rechts in den zahlreichen Weinbergen sind die Triebe bis auf zwei Bögen zurückgeschnitten. Links zieht die Mosel dahin mit vielen Schlingen. Ab und zu eine Schleuse und/oder Kanäle halten sie schiffbar.

Das Eisenhaus an der Straße wirkt kalt. Möchte nicht darin wohnen.
Die geflügelte Kuh steht ohne Erklärung auf einer Wiese. Der Frühling eilt herbei. Überall blüht es, in den Gärten wird gearbeitet, die Bäume haben einen Grünschleier.

Der Passat weht streng aus Südwest – wie erwartet gegen mich. Die Fahrt wird etwas anstrengend. Einen Campingplatz finde ich kurz nach Remich, direkt an der Mosel. Gegenüber auf der anderen Seite ist eine Kohlehalde. Hoffe, der Wind weht keinen Staub herüber. Nach dem Aufbau des Zeltes werde ich vom Nachbarn  zu einem Bier eingeladen. Als Gegenleistung höre ich mir geduldig seine Erzählungen an.

Im Zelte wache ich nachts häufig mal auf. Die Luftmatratze ist einfach zu schmal. Am Morgen mein Frühstücksritual wie in Kanada, Müsli und Kaffee.
Es weht ein strenger Westwind – den ganzen Tag.

Am Dreiländereck in Schenken verlasse ich Luxembourg und erreiche Frankreich. Deutschland liegt auf der anderen Seite der Mosel. Die Schengenflagge wird gerade gehisst. Ansonsten ist es ein unscheinbarer Ort.
Lang sichtbar sind die vier Kühltürme des Kernkrafts in Cattenom.
Wer und was hinter den Brückenfenster sich verbirgt konnte ich nicht herausbekommen. Eine Platanenallee wird von einer Rabenkolonie bevölkert.

In Metz möchte ich etwas essen. Pünktlich um 14.30 Uhr schließen alle Esslokale. Musste meine Verpflegung später in einem Super Marche besorgen. Außerdem ist die Stadt eine große Baustelle.

Es gibt häufig Fahrradwege direkt an der Mosel entlang, das ist schön zum Fahren und für die Augen. Leider hören diese Wege oft unerwartet auf ohne irgendwelche Hinweise. Es kann auf einem Saumpfad weitergehen, der eigentlich nicht befahrbar ist oder ich fahre auf kleinen und größeren Straßen weiter mit wenig oder viel Verkehr.

Die Ortskerne haben ihren französischen Flair. Viele alte Häuser, kleine Läden und Bistros. Keine dieser einheitlichen Einkaufszeilen mit Kettenläden wie in vielen deutschen Städten. Habe aber auch bereits Aldi, Lidl und Ikea ausmachen können.

Die heutige Nacht verbringe ich in der Stadt Pont à Mousson im Hotel Relais de Poste.

 

 

Aufbruch vor der Haustür

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Apr 162013
 

DSC003222. Reisetag

171 km

 

Meine letzte große Reise hat begonnen. Wann und wo diese zu Ende sein wird weiß ich nicht. Freue mich auf diesen neuen Lebensabschnitt.

Die Abfahrt beginnt vor der Haustür. Keine Verpackung des Fahrrads ist notwendig. Ich fahre einfach los. Schön finde ich, dass Marie mich die ersten 3 Tage bis Trier begleitet.

Die Sonne scheint, es ist warm. Wir fahren durch bekannte Gebiete über den Kottenforst nach Rheinbach und weiter nach Bad Münstereifel. Machen eine Rast an der Erftquelle. Der Himmel trübt sich ein. Die ersten Tropfen fallen. Ein kräftiger Regen bleibt zum Glück aus.

Vor Blankenheim sind wir sauer auf die Schilderaufsteller. Die Richtung wird vorgegeben, danach fehlt  jeder Hinweis. Hinterher stellen wir fest, dass wir Umwege gefahren sind und viele unnötige Steigungen deswegen erklimmen mussten. In Dahlem wollen wir übernachten. Es gibt aber keine Essmöglichkeit. Weiter geht es nach Jünkerath. Dort gibt es was zu essen aber keine Schlafmöglichkeit. Beides bekommen wir dann an der Kyll in Birgel. Sind die einzigen Gäste im Hotel.

Am Morgen liegt ein dicker Nebel über der Landschaft. Es ist trocken, die Sonne setzt sich bald durch. Die Fahrt geht entlang der Kyll. Häufig rauf und runter, durch eine schöne Landschaft. Die Bahnhöfe der Kyllbahn sind aus dem rotem Sandstein der Region gebaut. In einer Zeit als die Bahn noch wert auf ihr Äußeres legte. Manchmal gibt es Schranken im Nichts – weder Zu- noch Abfahrt sind auszumachen

In einer alten Fabrikanlange besichtigen wir die Produktion einer Rohrzieherei. Haben einfach gefragt, ob wir hereinschauen dürfen. Hoffentlich halten sich solche Betriebe. Keine übertriebene Hektik an eher älteren Maschinen.

Das Heilwasser der Lindenquelle schmeckt gewöhnungsbedürtig. Etwas zu salzig. In meiner Trinkflasche färbt sich das Wasser nach einiger Zeit trübe. Kippe den Rest weg.

In Kordel ist unsere Fahrt heute beendet. Wir genießen ein Bier in der Abendsonne.

 

 

In Bonn

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Apr 112013
 

in-bonnBonn

 

 

Der Kaffee dampft. Da der Winter nicht weichen will brennt der Kaminofen. Das Ei ist gerade richtig gekocht – nicht zu weich und nicht zu hart. Die Zeitung ist auch schon da. Ich sitze am Frühstückstisch und beginne den Tag zu genießen.

Seit Oktober 2012 bin ich wieder sesshaft in Bonn. Genieße den Komfort einer festen Wohnung und des guten Essens. Es ist ein angenehmes Leben – aber etwas fehlt mir.

Das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit ist auf meiner Fahrt durch Kanada tief in mich eingedrungen. Zu Hause kann ich es nicht empfinden – obwohl ich alle Freiheiten hier habe. Ist es der Überfluss, das bequeme Leben? Fehlen die Herausforderungen? Ich weiß es nicht.

Auf dem Fahrrad unterwegs zu sein – da bin ich im Einklang mit mir.

Es zieht mich wieder in die Welt.

Am 15. April geht es los, von Bonn aus.
Eine erste Etappe wird mich durch Frankreich führen.

 Posted by at 22:36