168 Tage später
Der Kaffee dampft. Da es wieder kalt ist brennt der Kaminofen. Das Ei ist gerade richtig gekocht – nicht zu weich und nicht zu hart. Die Zeitung ist auch schon da. Ich sitze am Frühstückstisch und beginne den Tag zu genießen. Diese Gemütlichkeit ist wieder da.
Gedanklich bin ich noch nicht so ganz hier. Die vielen Erlebnisse und Eindrücke der letzten Monate kreisen in meinem Kopf.
Ich vermisse die Weite der Landschaft. Das morgendliche Losfahren voller Erwartungen an den Tag.
Am Nachmittag das Ankommen mit dem Suchen nach einem Übernachtungsplatz.
Die beeindruckende Gastfreundschaft der Menschen.
Zur Ruhe finden in der Natur.
Ich erlebte die dichten Wälder, heißen Quellen und Schneeberge in Britisch Columbia, oft in der Einsamkeit auf dem Trans Canada Trail. Den berühmten Icefields Parkway in den Rocky Mountains, Nordamerikas Traumstraße Nr. 1. Die Weite der Prärie. Die endlose Ausdehnung des kanadischen Schildes. Geprägt von den durch die Eiszeit rundgeschliffenen Hügeln, der spärlichen Vegetation, den Sümpfen, Graslandschaften und Seen. Die Atlantikküste mit den vielen Buchten und vorgelagerten Inseln. Habe alle Provinzen Kanadas durchfahren und 6 Zeitzonen.
Im Frühjahr regnete es häufig. Für kanadische Verhältnisse war es ein besonders schöner Sommer und Herbst. Im Innenland heiß, an der Küste waren die Temperaturen angenehm. Die Trockenheit sorgte für wenig Mücken. Der erwartete Westwind blies vermehrt aus dem Osten und raubte mir Kräfte.
Ich blieb gesund, abgesehen von einer Erkältung. Das Rad hat die 9.500 km ohne eine Panne durchgestanden. Die Kette muss ich jetzt erneuern. Das Zelt trotzte heftigem Regen und Sturm.
Die Erinnerungen einer Reise verblassen nach einer Weile. Lange wird hoffentlich etwas von dieser Reise mitschwingen: Die Ruhe und die Möglichkeit und Fähigkeit sich nur auf das Wesentliche zu konzentrieren und allen Balast abzuwerfen.
Das Fernweh in mir ist nicht gestillt. Es ist geweckt worden. Es ist vorstellbar, dass im nächsten Frühjahr eine weitere Tour beginnt.