Sep 172012
 

153. Reisetag 

9104 km  

 

St. Johns verließ ich stillos mit dem Bus zur 130 km entfernten Fähre. Hätte sonst auf dem Highway fahren müssen. Sah den letzten Sonnenuntergang über Neufundland. Die Fährfahrt verlief wie bereits beschrieben. Im Bar- und Aufenthaltsraum die Lärmemission von 4 laufenden Fernseher. Diesmal konnte ich mit Ohrstöpsel einigermaßen schlafen. In Nord Sydney begrüßte uns eine Reihe Kormorane.

Beim Verlassen der Fähre traf ich zwei Radfahrer wieder, die ich vor Monaten unabhängig an unterschiedlichen Orten getroffen hatte. Für eine war die Durchquerung beendet. Der andere fuhr in eine andere Richtung weiter.

Auf Cape Breton – da war ich wieder – fuhr ich auf einer ruhigen Nebenstraße entlang eines Meeresarmes (davon gibt es viele hier) Richtung Süden. Auf den Ortsschildern standen die Namen auf Englisch und Gällisch.

Ich spürte schon, dass ich den Rückweg angetreten hatte. So ganz ungezwungen wie sonst war ich nicht.

Offizielle Zeltplätze sind rar. So suchte ich mir was Passendes. Direkt am Wasser in einer nicht einsehbaren Ecke. Es stand zwar ein alter Campingwagen herum mit Stühlen und einem Tisch. Alles eher Schrottreif. Stühle und Tisch waren mir willkommen.
In der Ferne bellte ein Hund. Da Freitag war hörte ich bis zur Dämmerung einen Rasenmäher. Die Rasenflächen vor den Häusern sind manchmal sehr groß. Der Zustand dieser Fläche sagt etwas über die Bewohner aus.
Das Zelt war aufgebaut. Ich schaute aufs Wasser. Am Himmel wenig Wolken. Es war wunderbar. Ich spürte eine Ruhe und Zufriedenheit in mir. Natur sollte viel mehr in Therapien berücksichtigt werden. Drei Tage wildcampen in schöner Gegend auf Rezept. Ausrüstung wird gestellt. Die Gedanken werden dabei auf das Wesentliche reduziert. Das wirkt und bedarf keines Therapeuten.

Anfangs dachte ich, wie schön, keine Fliegen und Mücken. Mit Einbruch der Dämmerung kamen die Mücken in Scharen. Ich flüchtete schnell ins Zelt. War mir eigentlich zu früh.
Am Morgen hingen die Wolken tief. Durch die Nähe des Wassers triefte alles vor Taunässe. Beim Frühstücken ließ ich mir Zeit.

Die Weiterfahrt erfolgte auf ruhiger Straße. Die Straße teilte sich in der Ortschaft Orangedale in zwei Sackgassen. Da hatte ich wohl eine Abbiegung verpasst. Bald den richtigen Weg für die Weiterfahrt gefunden. Ohne Vorwarnung war dieser nach einigen Kilometer komplett gesperrt. Dank GPS fand einen anderen Weg, meist auf nicht geteerter Straße. Dieser führte leider nicht wie geplant an der Küste entlang. Am späten Nachmittag traf ich in Port Hastings ein. An diesem Fleck war ich schon einmal vorbeigefahren (auf dem Weg zum Cabot Trail). Über den Damm, der die (Wasser-)Straße von Conso überquert setze ich am nächsten Tag meinen Weg fort. Wieder etwas abseits einen Zeltplatz gesucht. Einen offiziellen gab es nicht in der Gegend. Direkt am Wasser das Zelt aufgebaut. Es wehte ein kräftiger Wind. Die Mücken mussten deswegen am Boden bleiben. Das war mir recht. Mein karges Abendmahl gekocht und in die Ferne geschaut. Ein Fliegenfischer schwang kunstvoll die Leine. Gefangen hatte er aber nichts. Am späten Abend legte sich der Wind. War froh darüber. Er kam aus der Richtung meiner Weiterfahrt. Der angesagte Regen für die Nacht blieb aus. Heisere Vogelschreie weckten mich manchmal, signalisierten aber keine unbekannte Gefahr.
Das Zelt war am Morgen wieder nass. Wegen der jetzt ungestört fliegenden Mücken das Frühstück auf die Tankstelle in ca. 1 km Entfernung verschoben. Außerdem setzte ein leichter Nieselregen ein. Die Tankstelle ist eine wichtige Versorgungseinheit in Kanada. An den großen Highways sind diese gut ausgestattet. Sogar mit Dusche. Nur leider auf den kleinen Straßen, die ich fast immer befahre, gibt es diesen Service nicht.
Im Restaurant aß ich mein Rührei mit Tost. An das Quitschen des Ketchups beim Verlassen der Plastikflasche hatte ich mich mittlerweile gewöhnt. Kaffee mit „Refill“ gab es wie immer zum Preis der ersten Tasse.

Da ich an diesem Tag (laut Karte) einen richtigen Campingplatz erreichen werde duschte ich nicht. Das war ein Fehler. Den Campingplatz gab es nicht, es war ein Picknickplatz für „Day-use-only“. Baute trotzdem in einer kleinen Nische auf der dazugehörigen Insel mein Zelt auf. Es gab einen Wasserhahn für die langsam notwenige Körperwäsche. Was für ein Luxus. Seit drei Tagen war mein täglicher Wasserverbrauch auf drei Liter beschränkt. Die zwei Flaschen ließ ich über Tag irgendwo auffüllen.

Bis zum späten Nachmittag hingen dunkle Wolken am Himmel. Zum Abend hin klarte es auf. Hatte eine wunderbare Sicht über das ruhige Wasser in einer tief eingeschnittenen Bucht bei Boylston.

Meine Reise verläuft jetzt entlang der Ostküsten Richtung Süden gen Halifax. Es gibt viele kleine und große Buchten, und noch viel mehr kleine und große Hügel.
Die Sonne ist mir wohlgesonnen. Sie scheint nicht einmal zu heiß. Der Wind neidet es ein wenig und versucht mein Glück zu schmälern. Das gelingt ihm auch manchmal.

Die Nacht verbringe ich auf einem richtigen Campingplatz mit Dusche, direkt an der Chedabucto Bay.