Sep 292012
 

165. Reisetag

 Rückflug

 

 

Halifax ist die Hauptstadt der Provinz Nova Scotia mit ca. 300.000 Einwohnern.

Die Skyline von Halifax sah ich bereits von der Fähre aus mit den modernen Bauten. Der Hafen am Anlegeplatz ist für die Touristenschiffe gedacht – kleine und ganz große. Täglich legen hier bis zu zwei der großen Kreuzfahrtschiffe für meist nur einen Tag an.
Bis zu zweitausend Menschen je Schiff strömen dann in die Hafenanlagen und die Stadt. Duzende Busse und kleinere Schiffe nehmen die Menschen der großen Schiffe für diverse Ausflüge auf. Die Menschen sind mit Aufkleber versehen um die Sortierung für die Ausflüge zu beschleunigen.
Mit den britischen Doppeldeckerbussen wird die Stadt besichtig.

Ein gemütlicher Gang entlang des Hafens war trotzdem interessant. Museumsschiffe lagen am Pier. Moderne Jachten und größere alte Segelboote waren zu sehen und manchmal zu besichtigen.
Es gab viele Souvenierbuden und Restaurants. Ein Seehund schaute interessiert aus dem Hafenbecken nach oben.

Am Ende der Hafenlagen betrat ich ein Kasino. In Sekundenschnelle können hier an Automaten von 1 Cent bis 100 Dollar verspielt werden. Die Automaten werden eher von älteren Menschen gefüttert. Roulette und Poker zieht mehr jüngere Menschen in ihren Bann.

Hinter der Silhouette von modernen Bauten zeigte sich eine schöne Stadt. Bunte Holzhäuser, alte Steinhäuser, Parkanlagen, viele Kneipen und schöne Restaurants. Das Essengehen machte mir richtig Spaß. Auf dem „Hausberg“ besuchte ich die alte Zitadelle mit ihren Befestigungsanlagen. Betrachtete die Stadt von oben. Hier waren alte Abbildungen von der Zerstörung Halifax 1917 nach den Zusammenstoß zweier Schiffe zu sehen. Eines war mit Munition geladen und explodierte. Es gab mehr Tote Kanadier durch diese Explosion als gefallene Kanadier im 1. Weltkrieg.

Am Donnerstag machte ich einen letzten Ausflug an den Atlantik, organisiert, mit 4 weiteren aus der Jugendherberge. Bei der Wanderung entlang der Küste über den kargen Boden des felsigen kanadischen Schildes entdeckte ich die „rote sprossenähnliche Sumpfpflanze“ wieder. Sprossenähnlich sah sie nur von der Ferne aus. Es sind kleine Kelche, mit Wasser gefüllt. Sie sind eine Insektenfalle.

Wie schwer die Vegetation hier Fuß fassen kann ließ sich auf den Felsen gut beobachten. Die Flechten erobern langsam eine Felsoberfläche. Über hunderte von Jahren wird daraus eine feine Ablagerungsschicht für weitere Pflanzen.

Das nächste Ziel der Tour war Peggys Cove mit dem wohl am meisten fotografierte Leuchtturm in Kanada. Im Gegensatz zum Spaziergang wimmelte es vor Touristen, die Busseweise angekarrt werden. In dem malerischen Fischerdorf hielten wir es nicht lange aus.

 

Am Freitag bereitete ich meinen Abflug vor. Mit Hilfe von zwei alten Fahrradkartons (aus einem Fahrradladen) verpackte ich mein Rad flugtauglich. Ein Packsack sorgte dafür dass meine Radtaschen zu einem Gepäckstück zusammengefasst werden. Ein zweites Gepäckstück würde wie Übergepäck berechnet.

Samstag noch einmal ausgeschlafen. Am Vormittag den Farmersmarkt besucht. Einmal in der Woche verkaufen die Farmer ihre Produkte direkt. Es gibt viele Essensstände. Kleine Stände versuchen Selbstgemachtes zu vermarkten, z.B. Seife oder verarbeitete Schokolade. Es regnete den ganzen Tag.
Ein Taxi zum Flughafen war zu 16 Uhr bestellt. Am Sonntagmorgen um 8 Uhr werde ich in Frankfurt ankommen.

Merkwürdig war, dass ich mich in der großen Stadt oftmals alleine fühlte. Alleine in der Natur hatte ich dieses Gefühl nicht.

 

Sep 232012
 

159. Reisetag

9478 km

61235 Höhenmeter

 

Drei Tage vernebelt. Es regnete trotz schlechter Wettervorhersage über Tag nicht mehr. Fuhr weiter entlang der Küste Richtung Süden. Der Wind hatte sich ein wenig gelegt, die Richtung jedoch nicht gewechselt.
Die vielen Buchten, vorgelagerten Inseln und breiten Mündungsarme der Flüsse konnte ich nur beschränkt wahrnehmen. Alles war unter einem weißen Dunst verborgen.

Die Wahlwerbung findet hier durch Steckschilder im Garten und an der Straße statt.

Den angesteuerten Campingplatz verließ ich am Nachmittag wieder. Teuer und nicht schön. Wäre der einzige Gast gewesen. Fuhr 20 km weiter zum nächsten. Dieser lag direkt an der Küste. Hier traf ich Tim wieder, der nach der Fähre von Neufundland einen anderen Weg eingeschlagen hatte. Wir unterhielten uns den Abend lang. Er arbeitete bei Manroland in England. Die Firma meldete Konkurs an. Bevor er sich eine neue Stelle suchen wird fuhr er mit dem Fahrrad ein halbes Jahr durch USA und Kanada.
Dieser Campingplatz bot am Abend ein gemeinsames Feuer mit Muschelessen für die Gäste an, am Morgen freien Kaffee in einem Aufenthaltsraum.
Nur leider gab es viele Mücken. Trotz Vorsichtsmaßnahmen blieb ich nicht stichfrei.

Einige Regentropfen fielen am frühen Morgen auf das Zelt. Blieb etwas länger darin liegen. Die geplante Strecke an diesem Tag war nicht sehr weit. In einem Provinzial Park gab es einen schönen Campingplatz am Parker Lake, einem großen Binnensee. Suchte mir eine etwas windige Stelle aus, der Mücken wegen. Das half.

In meiner letzten Nacht im Zelt wurde dieses noch einmal richtig gefordert. Es goss stundenlang wie aus Eimern. Das Zelt hielt dicht. Am Morgen war es wieder nebelig, aber trocken. Die letzte Etappe ging hinunter zur Küste. Teilstücke des TCT – wieder auf einem alten Schienenbett – führten mich nahe an Halifax heran.

Anfangs auf dem Atlantik-View-Trail, hörte ich das Rauschen des Meeres. Sehen konnte ich es nicht. Der Nebel war zu dicht. Bin an den Strand gegangen um einen letzten Blick auf den Atlantik zu werfen.
Weiter ging es auf dem Salzmarsch-Trail über Dämme durch flache Seengebiete. Ebbe und Flut mischten hier das Süßwasser der Flüsse mit dem Meereswasser. Die Sonne verdrängte den Nebel etwas. Die eintretende Flut drängte das Wasser landeinwärts.

Ein letzter flacher Hügel war zu erklimmen. Ich war in Dartmouth. Der Ort liegt gegenüber von Halifax in einer Bucht. Nach kurzer Fahrt auf belebter Straße erreichte ich die Fährstation. Diese brachte mich hinüber. Die Jugendherberge lag zentral in Hafennähe.
Jetzt war ich wirklich angekommen.

Mein Flug wird am Samstag, den 29.9. abends von Halifax nach Frankfurt gehen.

 

Sep 202012
 

156. Reisetag

9238 km

 

Bin zu früh dran. Den Indian Summer werde ich in Kanada nicht erleben. Das volle Grün der Blätter verschwindet langsam, die Rotfärbung der Ahornblätter ist aber erst Mitte Oktober zu erwarten. Vereinzelt wandelte ein Bäumlein wenigstens ein Teil seiner Blätter ins satte Rot.

Bin schon etwas in Aufbruchstimmung. Sauge noch einmal das Umfeld in mich hinein. Die kärglichen Nadelbäumen, die in den Senken durch Stauwasser nicht überleben konnten. Ihre Gerippe ragen in den Himmel. Die Sumpfflächen mit Wollgras, Torfmoos und einer roten sprossenähnlichen Pflanze. (Konnte wegen des Wassers nicht näher herankommen.) Die Seen mit ihrem dunklen Wasser in unterschiedlichster Ausdehnung. Die durch Eisen braungefärbten Flüsse und Bäche.
Genieße die mit Büschen und Gras bewachsenen feuchten Ebenen mit der Weitsicht. Die schroffen Küstenabschnitte mit Felsgestein, vielen Buchten und vorgelagerten Inseln. Die frische Prise des des Atlantics. Nur noch wenige Tage werde ich alles erleben können. Da kommt schon ein wenig Wehmut auf.

Der Wind versucht mich länger im Lande zu halten und weht kräftig gegen mich. Ich halte dagegen.

Bei Sonnenschein fuhr ich zwei Tage auf der wenig befahrenen Küstenstraße. Auf einer stündlich fahrenden Fähre war mein Rad das einzige Fahrzeug. Mit dem Fährmann hielt ich einen Plausch über Deutschland. Im letzten Jahr war er dort gewesen.

Eine kleine grüne Schlange wärmt sich auf dem Asphalt.
Ein Kunstwerk ragt am Wegesrand in einsamer Landschaft in den Himmel.

In einer Radelpause schaute ich mir die Bilder der dort liegenden Schachteln der Raucher an. Hatte diese nie weiter beachtet. Die Zigarettenindustrie lässt sich einiges Einfallen zur Produktaufklärung. Immer zweisprachig. Für Entwöhnungsgruppen könnte daraus ein schönes Quartett erstellt werden.

 

Am Abend wollte ich meine Wasserflaschen auffüllen lassen für die Übernachtung irgendwo. Es war nicht einfach ein Haus zu finden, mit einer Person davor. Viele Häuser sahen unbewohnt aus. Hatte Glück. Ein älterer Herr lud mich ein die Nacht in seinem Haus zu verbringen. Er war an diesem Tag 80 geworden, gefeiert hatte er bereits einige Tage vorher. Er lebte hier alleine mit Blick auf eine Bucht neben seinem alten Elternhaus.

Am nächsten Tag erreichten ich Sherbrooke, ein etwas „größerer“ Ort mit Laden, Campingplatz und Museumsdorf. Da für den kommenden Tag ausgiebiger Regen angekündigt war mietete ich mir eine Cabin (Zimmer mit Küchenzeile) am Campingplatz.
Das war gut, es regnete den ganzen nächsten Tag. Besuchte am Regentag das Museumsdorf mit dem Leben vor 100 bis 200 Jahren. Alte Handwerkerkünste wurden demonstriert. Es gab ein mit Wasser betriebenes Sägewerk in Produktion.

 

Am Vorabend hatte ich im Ort gegessen. Das Essen war so schlecht, dass ich an diesem Tag mir ein Fertiggericht selber kochte.
Beim Einkaufen möchte ich eigentlich wissen, was die Ware kostet. Der Preis war (nicht nur hier) gar nicht angegeben oder falsch. Auch in den großen Läden. Es störte wohl nur mich.

Den Kanadier hatte ich eher als geduldig (oder leidensfähig?) wahrgenommen. Beschwerden hörte ich nie. Z.B. wenn zwei entgegenkommende Autos auf der Straße anhalten und die Fahrer sich unterhalten wird nicht gehupt um vorbeizukommen. Es wird gewartet bis die Weiterfahrt möglich ist.

 

Sep 172012
 

153. Reisetag 

9104 km  

 

St. Johns verließ ich stillos mit dem Bus zur 130 km entfernten Fähre. Hätte sonst auf dem Highway fahren müssen. Sah den letzten Sonnenuntergang über Neufundland. Die Fährfahrt verlief wie bereits beschrieben. Im Bar- und Aufenthaltsraum die Lärmemission von 4 laufenden Fernseher. Diesmal konnte ich mit Ohrstöpsel einigermaßen schlafen. In Nord Sydney begrüßte uns eine Reihe Kormorane.

Beim Verlassen der Fähre traf ich zwei Radfahrer wieder, die ich vor Monaten unabhängig an unterschiedlichen Orten getroffen hatte. Für eine war die Durchquerung beendet. Der andere fuhr in eine andere Richtung weiter.

Auf Cape Breton – da war ich wieder – fuhr ich auf einer ruhigen Nebenstraße entlang eines Meeresarmes (davon gibt es viele hier) Richtung Süden. Auf den Ortsschildern standen die Namen auf Englisch und Gällisch.

Ich spürte schon, dass ich den Rückweg angetreten hatte. So ganz ungezwungen wie sonst war ich nicht.

Offizielle Zeltplätze sind rar. So suchte ich mir was Passendes. Direkt am Wasser in einer nicht einsehbaren Ecke. Es stand zwar ein alter Campingwagen herum mit Stühlen und einem Tisch. Alles eher Schrottreif. Stühle und Tisch waren mir willkommen.
In der Ferne bellte ein Hund. Da Freitag war hörte ich bis zur Dämmerung einen Rasenmäher. Die Rasenflächen vor den Häusern sind manchmal sehr groß. Der Zustand dieser Fläche sagt etwas über die Bewohner aus.
Das Zelt war aufgebaut. Ich schaute aufs Wasser. Am Himmel wenig Wolken. Es war wunderbar. Ich spürte eine Ruhe und Zufriedenheit in mir. Natur sollte viel mehr in Therapien berücksichtigt werden. Drei Tage wildcampen in schöner Gegend auf Rezept. Ausrüstung wird gestellt. Die Gedanken werden dabei auf das Wesentliche reduziert. Das wirkt und bedarf keines Therapeuten.

Anfangs dachte ich, wie schön, keine Fliegen und Mücken. Mit Einbruch der Dämmerung kamen die Mücken in Scharen. Ich flüchtete schnell ins Zelt. War mir eigentlich zu früh.
Am Morgen hingen die Wolken tief. Durch die Nähe des Wassers triefte alles vor Taunässe. Beim Frühstücken ließ ich mir Zeit.

Die Weiterfahrt erfolgte auf ruhiger Straße. Die Straße teilte sich in der Ortschaft Orangedale in zwei Sackgassen. Da hatte ich wohl eine Abbiegung verpasst. Bald den richtigen Weg für die Weiterfahrt gefunden. Ohne Vorwarnung war dieser nach einigen Kilometer komplett gesperrt. Dank GPS fand einen anderen Weg, meist auf nicht geteerter Straße. Dieser führte leider nicht wie geplant an der Küste entlang. Am späten Nachmittag traf ich in Port Hastings ein. An diesem Fleck war ich schon einmal vorbeigefahren (auf dem Weg zum Cabot Trail). Über den Damm, der die (Wasser-)Straße von Conso überquert setze ich am nächsten Tag meinen Weg fort. Wieder etwas abseits einen Zeltplatz gesucht. Einen offiziellen gab es nicht in der Gegend. Direkt am Wasser das Zelt aufgebaut. Es wehte ein kräftiger Wind. Die Mücken mussten deswegen am Boden bleiben. Das war mir recht. Mein karges Abendmahl gekocht und in die Ferne geschaut. Ein Fliegenfischer schwang kunstvoll die Leine. Gefangen hatte er aber nichts. Am späten Abend legte sich der Wind. War froh darüber. Er kam aus der Richtung meiner Weiterfahrt. Der angesagte Regen für die Nacht blieb aus. Heisere Vogelschreie weckten mich manchmal, signalisierten aber keine unbekannte Gefahr.
Das Zelt war am Morgen wieder nass. Wegen der jetzt ungestört fliegenden Mücken das Frühstück auf die Tankstelle in ca. 1 km Entfernung verschoben. Außerdem setzte ein leichter Nieselregen ein. Die Tankstelle ist eine wichtige Versorgungseinheit in Kanada. An den großen Highways sind diese gut ausgestattet. Sogar mit Dusche. Nur leider auf den kleinen Straßen, die ich fast immer befahre, gibt es diesen Service nicht.
Im Restaurant aß ich mein Rührei mit Tost. An das Quitschen des Ketchups beim Verlassen der Plastikflasche hatte ich mich mittlerweile gewöhnt. Kaffee mit „Refill“ gab es wie immer zum Preis der ersten Tasse.

Da ich an diesem Tag (laut Karte) einen richtigen Campingplatz erreichen werde duschte ich nicht. Das war ein Fehler. Den Campingplatz gab es nicht, es war ein Picknickplatz für „Day-use-only“. Baute trotzdem in einer kleinen Nische auf der dazugehörigen Insel mein Zelt auf. Es gab einen Wasserhahn für die langsam notwenige Körperwäsche. Was für ein Luxus. Seit drei Tagen war mein täglicher Wasserverbrauch auf drei Liter beschränkt. Die zwei Flaschen ließ ich über Tag irgendwo auffüllen.

Bis zum späten Nachmittag hingen dunkle Wolken am Himmel. Zum Abend hin klarte es auf. Hatte eine wunderbare Sicht über das ruhige Wasser in einer tief eingeschnittenen Bucht bei Boylston.

Meine Reise verläuft jetzt entlang der Ostküsten Richtung Süden gen Halifax. Es gibt viele kleine und große Buchten, und noch viel mehr kleine und große Hügel.
Die Sonne ist mir wohlgesonnen. Sie scheint nicht einmal zu heiß. Der Wind neidet es ein wenig und versucht mein Glück zu schmälern. Das gelingt ihm auch manchmal.

Die Nacht verbringe ich auf einem richtigen Campingplatz mit Dusche, direkt an der Chedabucto Bay.