Apr 252014
 

DSC04481355. Reisetag

11.665 km

 

Das zweite Aufstehen am Morgen fällt mir schwer. Bin etwas träge nach dem Frühstück, zumal ich weiß, dass der Wind an diesem Tag gegen mich sein wird.
Auf der Straße legt sich die Mattigkeit. Es wird sogar ein schöner, wenn auch anstrengender Tag. Es geht anfangs in die Höhe. In den Niederungen Felder, sonst ist es eine steinige Hügellandschaft. Von den Äckern und Wiesen sind die Steine zu Mauern aufgeschichtet und durchziehen das Land. In dieses Umfeld gehören einfach die großen Schafherden.

Leider ist auch die Straße sehr steinig. Nur wenige Tropfen Teer halten den groben Belag zusammen. Da lösen sich schon mal Einzelteile und machen das Fahren sehr holperig.
Trotzdem, diese karge Landschaft durchfahre ich lieber als die weite Ebene mit nichts als Weizenfeldern. Es gibt hier viel zu schauen, auch wenn es nur Steinmauern und Schafherden sind.

Ich fahre in die Höhe über einen Pass. Oben wird aus einem Fass gekühlter Ayran verkauft. Ich genehmige mir zwei Gläser. Danach könnte ich mich fast 10 km rollen lassen, wenn der Wind nicht wäre. Über ein Nebental geht es 500 m hinunter zum Tigris.

Im Tigristal ist eine rege Bautätigkeit zu sehen. Das Staudammprojekt Ilusu soll den Fluss stauen. Viele Ortschaften, darunter auch das geschichtsträchtige Dorf Hasankevf – durch das ich gleich fahre – werden in den Fluten verschwinden.

Der Ort galt als wichtiger Tigrisübergang, deshalb stritten sich Römer und Perser darüber, bis die Araber im 7. Jh. den Ort eroberten. Unter den Seldschuken im 11. Jh. wurde Hasankevf ausgebaut und befestigt. Aus dieser Zeit stammt die mächtige Brücke deren Grundpfeiler heute noch aus dem Tigris ragen.

Die Weiterfahrt ist weniger interessant, erst ein wenig am Fluss entlang, dann in die Höhe und durch breite Täler mit Weizenfelder. Im Hochtal stehen viele Ölpumpen. Das Öl wird wohl in der großen Stadt Batman, mein Übernachtungsort, raffiniert. Am Abend legt sich eine Ölgestankwolke über die Stadt. Beim Abendessen setzte ich mich zu zwei Herren aus Istanbul an den Tisch. Sie installieren Salzkammern für Menschen mit Atmungsschwierigkeiten. Sie haben diese Stadt wegen der schlechten Luft ausgesucht.

Am nächsten Morgen fahre ich entlang des Batman-Cayi-Flusses auf ebener Straße 30 km Richtung Norden, danach durch ein grünes Hügelland nach Osten.
Etwas abseits einer Ortschaft stehen zwei aggressive Jugendliche und schmeißen mir faustgroße Steine nach. Getroffen haben sie nicht. Vor solchen Situationen hatte ich bereits von anderen Reisenden im Internet gehört. Da ist mir schon ein wenig mulmig geworden.
Das ist die erste ungute Begegnung auf meiner Reise gewesen. Ich hoffe, es bleibt auch die letzte.

Im kleinen Ort Ziyaret gibt es erstaunlicherweise ein großes Hotel. Nach 80 km Tagesfahrt übernachte ich hier. Ziyaret ist ein Pilger-Ort. Verehrt wird Veysel Karani, ein Zeitgenosse des Propheten Mohammed. Veysel Karani ursprünglich aus dem Jemen gilt als der erste “Sufi” überhaupt. In seinem Mausoleum steht ein Sarkophag. Frauen und Männer haben getrennte Eingänge und einen Sichtschutz dazwischen, damit sie bei ihrem Gebet nicht abgelenkt werden.

 

 

 

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