Nov 092017
 

394. Reisetag

8824 km

368 km Moped

 

Die Berg- und Talfahrt setze ich fort. Meine nächste Unterkunft liegt auf 1200 m Höhe in einem einfachen Hotel in der mittelgroßen Stadt Bajawa. Ich unterhalte mich mit Sipri, der im Hotel arbeitet über die Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Er fragt mich, ob ich an einem Dorffest teilnehmen möchte. Nicht in seinem Dorf sondern dem seiner Schwester. Eine Hauseinweihung wird gefeiert und dazu sind die umliegenden Dörfer eingeladen. Am ersten Tag wird getanzt, am zweiten geschlachtet und gegessen. Ich sage zu, jedoch nur für den ersten Tag, aufs Schlachten kann ich verzichten. Mit dem Moped fahren wir dort hin. 

Ein kleines Dorf. In der Mitte der Dorfplatz mit einer kleinen Holzkirche, davor Geisterhäuschen und ein ritueller Steinplatz. Eine Reihe Häuser ist darum angeordnet, meist aus Bambusmatten mit Wellblechdach. Vor den Häusern die Gräber der Verstorbenen in unterschiedlicher Ausführung, an den Eingängen ein Spalier von Rinderschädel und Schweinekiefer – Relikte vergangener Feste.
Ich werde in das Haus von Sipris Schwester gebeten. In der Küche erhalte ich den typischen Kaffee-Flores — gemahlene Bohnen auf die heißes Wasser geschüttet wird. Die Kaffeebüsche stehen direkt hinter dem Haus.
Das Leben der Hausgemeinschaft spielt sich in der Küche ab. Gekocht wird über offenem Feuer, Wasser wird von draußen geholt. Haustiere haben freien Zugang. Einige Hühner picken nach heruntergefallenen Reiskörner, zwei Hunde liegen träge in der Ecke, die Katze sitzt auf dem vollgestellten Tisch. 

Draußen ertönt Musik, ein kleiner Festzug zieht vor dem gefeierten Haus auf. Die Männer im dunklen Wickelrock nebst Schärpe um den Oberkörper und roter Mütze oder Tuch auf dem Kopf treten mit ihren langen Messern auf, die Frauen im dunklen Kleid und schwingenden gelben und weißen Tüchern. Rhythmisch tanzend bewegen sie sich vor dem Haus und über den Platz. Aus benachbarten Dörfern treffen weitere Tanzgruppen ein und gesellen sich dazu. Es gibt keinen Ablaufplan. Mal wird getanzt, dann herumgestanden, sich hingesetzt und Palmwein oder Arak getrunken und wieder getanzt. Vor den Häusern sitzen die Menschen und schauen zu. 

Die Besucher begeben sich dorfweise in vorbestimmte Häuser. Irgendwann wird dorthin Essen gebracht, Reis und Fleischstückchen. Ich erfahre eine Sonderbehandlung und erhalte eine schmackhafte Nudelsuppe. Zusammensitzen und den Tanzenden zuschauen zieht sich bis in den späten Nachmittag hinein. Gegen Abend fahre ich mit Sipri zurück zur Unterkunft. Da ich nicht glaube nochmals eine Dorfeinladung zu erhalten entscheide ich mich trotz des Schlachtens auch am nächsten Tag dabei zu sein. 

Um die Mittagszeit des nächsten Tages bin ich wieder dort. Ein Büffel ist an einem Geisterhäuschen angebunden. Kurze Zeit später versammeln sich die Männer und Zuschauer darum. Am Nasenring wird der Kopf nach oben gezogen – ich verziehe mich. Etwas später sitzen die Männer unter einer Plane und zerhacken das Tier in kleine Stücke, die in Kesseln gekocht werden. Zurück bleibt der Büffelkopf unter dem Geisterhäuschen.

Am Nachmittag treffen die männlichen Besucher aus den Nachbardörfern ein.  Sie treiben ein Schwein vor sich her, das unter einem Schattendach festgepfockt wird. Mitte des Nachmittags sind dort 12 fette Schweine versammelt. Welches Dorf ein Schwein mitbringt wird in ein Buch eingetragen um es mit vergangenen und zukünftigen Festen zu verrechnen.

Das Schlachten beginnt. Ich höre die Tiere nur jämmerlich quicken, wenn sie mit Stricken gebunden werden. Keiner versteht, dass ich mir das Gemetzel nicht mit anschauen möchte. 
Um die Borsten der Tiere zu entfernen werden sie mit Petroleum übergossen und angezündet. Für mich sieht es ein wenig nach Scheiterhaufen aus. Danach erfolgt das Zerhacken und Sieden des Fleisches, alles Männersache. 

Es dämmert bereits als die Frauen der Dörfer ankommen. In Bastkörben bringen sie Reis mit, der später in große Körbe geschüttet wird. Dieser Reis wird dann, zusammen mit dem Fleisch an die einzelnen Häuser verteilt. Die Prozedur dauert und es ist spät geworden. Viel zu spät um gemeinsam zu essen. Das verteilte Essen wird eingepackt und jeder Besucher nimmt es mit nach Hause. Es ist Tradition, das kein Besucher das Fest verlassen sollte, bevor er seine Essenportion erhalten hat. Ein etwas merkwürdiger Abschluss.

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